Sorgfältig zersetzter Alltag
Endet die Natur dort, wo die Menschenwelt beginnt? Lukas Messner beantwortet die großen Fragen mit stillen Alltagsobjekten.
Von Barbara Unterthurner
Wörgl –Noch nie wurden die Räume der Galerie am Polylog in Wörgl so radikal gedacht wie in der aktuellen Ausstellung von Lukas Messner. Das bestätigt auch Polylog-Leiter Günther Moschig, der mit der aktuellen Schau durchaus Mut beweist, einerseits damit, einem ausstellungstechnisch quasi unbeschriebenen Blatt die Möglichkeit einer Einzelpräsentation zu geben. Und andererseits der radikalen, weil extrem zurückhaltenden Position freien Raum zu lassen.
Freiraum ist auch wortwörtlich gemeint, sind die Galerieräume der Schau „2 Tunnel“ doch spärlich bespielt. Für seine Installationen verwendet der 29-jährige Messner vornehmlich Alltagsmaterial, objets trouvés, die er sorgfältig im Raum verteilt. Wie bei Gabriel Orozcos Sammlerprojekten sind natürliche und industriell hergestellte Gegenstände säuberlich ausgebreitet. Sodass Besucher eher zufällig den Alltag als nicht alltägliches Werk enttarnen.
Etwa das erste, begehbare Objekt, das zunächst als Fußabtreter wahrgenommen wird, sich dann aber als Gummimatte bestückt mit blauen Edelsteinen herausstellt. Die formale Anspielung auf die gemalte Bogenarchitektur Giorgio de Chiricos wird hier den meisten Besuchern ohne Anweisung verwehrt bleiben. Interessanter ist das Zusammenspiel mit dem Kleiderständer, der die zweite Station des Künstlers darstellt. Die Objekte behalten ihre ursprüngliche Funktion.
An ebendiesen hängt Messner ausrangierte Kleidung, die der Südtiroler in seiner aktuellen Heimatstadt Amsterdam für mehrere Wochen in einer der zahlreichen Grachten versenkt hatte. Und dort der Natur freien Lauf gelassen hatte. Algen und Kleinstlebewesen machten sich die Kleidung des Künstlers zur Behausung, zersetzten sie bisweilen sogar. Genau diese Übergangsmomente von Natur zu menschgemachter Natur erregen das Interesse des Künstlers. Sind diese beiden Komponenten die im Titel enthaltenen Tunnel? Und wo verbirgt sich das Verbindungsstück?
Auch das Video „verdant eyes“ geht dieser Dualität auf die Spur. Den Zuschauern gewährt Messner nicht einfach Sicht darauf, ist das Werk doch in der unteren Ecke angebracht und von einem Zaun abgesperrt. Der den Raum entzweibricht und zugleich in den nächsten weiterleitet. Dort führt das konzeptuelle Öffnen des Fensters schlussendlich hinaus in die unmittelbare Natur. Weg von einer stillen Schau, die nach den großen Fragen giert.