Kompetenzreform: Länder gegen „Drüberfahren“ der Regierung
Die Bundesregierung plant eine Verfassungsänderung zur Bereinigung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern. Die Länder sind gesprächsbereit, der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, Hans Niessl (SPÖ), pocht jedoch auf Verhandlungen auf Augenhöhe.
Wien – Der für Reformen zuständige Justizminister Josef Moser (ÖVP) hat am Wochenende für Herbst einen weiteren Anlauf zur „Kompetenzbereinigung“ zwischen Bund und Ländern angekündigt. Die Länder sind über die geplante Verfassungsänderung grundsätzlich gesprächsbereit. Gleichzeitig pocht der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, der Burgenländer Hans Niessl (SPÖ), auf Verhandlungen auf Augenhöhe.
Konkret plant Moser eine klare Zuordnung jener Bereiche, wo der Bund derzeit „Grundsatzgesetze“ erlässt, die dann von den Ländern mit „Ausführungsgesetzen“ konkretisiert werden. Das ist etwa bei der Mindestsicherung der Fall, aber auch bei Krankenhäusern und Kraftwerken. Geregelt sind all diese Bereiche im Artikel 12 der Bundesverfassung. In einem ersten Schritt hat Moser bereits die „Verländerung“ der Kinder- und Jugendhilfe vorgeschlagen. Auf der anderen Seite sollen die Länder die Möglichkeit der Mitsprache bei der Zusammenlegung von Bezirksgerichten verlieren. Diese beiden Punkte waren bereits in Begutachtung und sind dabei zum Teil auf heftige Kritik gestoßen. Die Länder haben die vorgeschlagene Kompetenzzuweisung bei der Jugendhilfe zwar teilweise begrüßt, aber einheitliche und verbindliche Mindeststandards gefordert.
Länder pochen auf Mitspracherecht
Niessl signalisierte zu den Plänen Mosers am Montag Verhandlungsbereitschaft. Im Gespräch mit der APA forderte der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz aber den Bund auf, zunächst einmal seine Konzepte vorzulegen. „Wir wollen Verhandlungen auf Augenhöhe und wir wollen nicht, dass über uns drübergefahren wird, wie das im Bereich der Sozialpartnerschaft gemacht wird. Also insofern: Jederzeit Gesprächsbereitschaft, Verhandlungen auf Augenhöhe und faire Gespräche mit guten Ergebnissen“, sagte der burgenländische Landeshauptmann.
Auch die steirische Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) pocht auf Verhandlungen. Sie hält es für sinnvoll, über eine neue Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern zu verhandeln, die den aktuellen Erfordernissen entspricht. „Entscheidend ist, dass die Länder in diesen Prozess eingebunden sind und ihre Erfahrung und Kompetenz berücksichtigt werden. Keinesfalls dürfen sich durch eine neue Aufgabenverteilung die Qualitätsstandards im Sinne der Betroffenen verschlechtern. Gerade im Fall der Mindestsicherung bedeutet dies beispielsweise, dass bei einer bundeseinheitlichen Lösungen die Bundesländer regionale Besonderheiten im eigenen Bereich berücksichtigen können müssen“, betonte Kampus gegenüber der APA.
Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ließ der APA nur ausrichten, dass die drei Themenbereiche Armenwesen, Elektrizität und Spitäler derzeit in einer gemeinsamen Bund-Länder-Arbeitsgruppe in Verhandlung seien. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe seien abzuwarten.
Ein Sprecher von Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) verwies am Montag knapp auf die klare Position der Landeshauptleutekonferenz. Über neue Vorschläge der Regierung müsse auf Augenhöhe mit den Ländern verhandelt werden.
Bei der Landeshauptleutekonferenz im Mai in Wien hatte der Bund mit den Landeschefs zwar eine Grundsatz-Einigung erzielt, allerdings wurden nur eher unwesentliche geteilte Kompetenzen der jeweiligen Gebietskörperschaft zugeordnet. Die wirklich großen Brocken sollen erst bis Jahresende in einer von Bund und Ländern paritätisch besetzten Arbeitsgruppe bearbeitet werden.
Sorge um kleine Spitäler in Salzburg
Wenig begeistert von Mosers Plänen zeigte sich auch Salzburgs Gesundheitslandesrat Christian Stöckl (ÖVP). Er sprach sich im ORF Salzburg-Interview gegen eine Vereinheitlichung der Spitalsgesetzgebung aus. Zwar könne er gewisse Vorteile erkennen, wenn alles von Wien aus dirigiert werde, der Zentralisierungsplan sei aber gleichzeitig eine Kampfansage an die kleinen Spitäler. „Dann besteht die große Gefahr, dass es noch schwieriger wird, die kleinen Spitäler aufrecht zu erhalten.“
Nicht gut angekommen ist Mosers Vorstoß auch bei Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Bei der letzten Landeshauptleute-Konferenz in Wien habe man mit Moser vereinbart, dass die Punkte in einer Arbeitsgruppe diskutiert werden. Bei dieser Vorgehensweise solle man bleiben und nicht „Wunschlisten“ präsentieren.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) will die Causa hingegen nicht kommentieren. (TT.com, APA)