Deutschland - Mehr Reichsbürger, Salafisten und linksextreme Gewalt
Berlin (APA/AFP) - Mehr Salafisten, Reichsbürger und linke Gewalttaten in Deutschland: In vielen Bereichen des Extremismus registrieren die ...
Berlin (APA/AFP) - Mehr Salafisten, Reichsbürger und linke Gewalttaten in Deutschland: In vielen Bereichen des Extremismus registrieren die Verfassungsschützer laut Jahresbericht 2017 einen Zuwachs.
Islamismus:
Innenminister Horst Seehofer (CSU) spricht von der Rekordzahl von derzeit 774 Gefährdern, denen schwerste Straftaten zugetraut würden. Die salafistische Szene wuchs dem Verfassungsschutzbericht zufolge zwischen 2016 und 2017 von 9700 auf 10.800 Mitglieder an. 2012 waren es noch 4500. Innerhalb der islamistischen Szene zeichne sich eine „Kräfteverschiebung in den gewaltorientierten und jihadistischen Bereich ab“, heißt es im diesjährigen Bericht. Es bestehe weiterhin eine hohe Anschlagsgefahr. „Deutschland steht im Fokus des islamistischen Terrorismus“, konstatieren die Verfassungsschützer.
Sorgen bereiten den Verfassungsschützern auch jene Jihadisten, die von Deutschland aus nach Syrien oder den Irak gezogen sind und jetzt wieder zurückkehren. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen spricht von 300 Kindern der Jihadisten, die indoktriniert werden könnten, um Anschläge zu verüben. Maaßen fürchtet insbesondere Anschläge von Einzeltätern - wie ihn ein palästinensischer Asylbewerber vor einem Jahr mit einem Messer in einem Hamburger Supermarkt verübt hatte.
Reichsbürger:
Die in Kleingruppen zersplitterte Szene, die die Bundesrepublik und ihre Institutionen nicht anerkennt, ist innerhalb eines Jahres um mehr als die Hälfte angewachsen: Hatte sie 2016 noch 10.000 von den Behörden erkannte Anhänger, waren es im Folgejahr 16.500, davon 900 Rechtsextreme. Und die Zahl steigt weiter: Seehofer zufolge sind es derzeit 18.000.
Für viele von ihnen besteht das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 fort. Und sie haben eine große Affinität zu Waffen: Im Jahr 2017 verfügten rund 1100 Reichsbürger und Selbstverwalter über waffenrechtliche Erlaubnisse, sie stellten somit eine Risikogruppe innerhalb der Szene dar.
Rechtsextremismus:
Hier weist der Jahresbericht einen leichten Anstieg aus: Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften gab es 2016 in entsprechenden Gruppen 23.100 Anhänger, im vergangenen Jahr waren es 24.000. Jeweils etwas mehr als die Hälfte davon gilt als gewaltorientiert: Hier stieg die Zahl von 12.100 auf 12.700. Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten sank 2017 gegenüber dem Vorjahr deutlich, und zwar von 1600 auf 1054.
Verstärkt hat sich nach den Erkenntnissen der Verfassungsschützer der Zulauf zu rechten Musikveranstaltungen: Hier registriert der Verfassungsschutz vierstellige Teilnehmerzahlen. Kopfzerbrechen bereiten den Behörden jene 13.000 Rechte, die sich keiner Struktur zuordnen lassen und sich in kürzester Zeit radikalisieren. Seehofer will das nun wissenschaftlich untersuchen lassen.
Linksextremismus:
Die Szene wächst langsam: Zählten die Behörden 2016 noch 28.500 Anhänger, waren es im vergangenen Jahr 29.500. Gewaltorientiert waren demnach 2016 etwa 8500 Linksextremisten, ein Jahr später waren es 9000. 2017 wurden insgesamt 1648 Gewalttaten registriert, was einem Anstieg um rund 37 Prozent gegenüber 2016 entspricht. Das Plus lässt sich maßgeblich auf den G-20-Gipfel in Hamburg zurückführen, bei dem es zu schweren Ausschreitungen gekommen war: 1023 der insgesamt 1648 Gewalttaten weisen einen G-20-Bezug auf.
Spionage:
Russland, China und Iran sind nach Einschätzung des Bundesverfassungsschutzes Hauptakteure der gegen Deutschland gerichteten Spionage. Aber auch westliche Staaten spielen eine Rolle. Das Interesse gelte dem NATO- und EU-Mitglied Deutschland als weltpolitischem Akteur. Ein Spionageobjekt der ausländischen Dienste in Deutschland sind oppositionelle Gruppen aus den jeweiligen Heimatländern.
Die russischen Nachrichtendienste betreiben dem Bericht zufolge mit hohem organisatorischen und finanziellen Aufwand Spionage gegen Deutschland. Mit der Nutzung des Cyberraums habe sich das Ausmaß der Spionage um ein Vielfaches gesteigert. Im Fokus seien dabei alle Bereiche in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik sowie das Militär.