Heidi Glück: “Das kann eine kritische Phase werden“
Kanzler Kurz würde nicht akzeptieren können, dass sein Vize Strache vom vereinbarten EU-Kurs abweicht, sagt Schüssels einstige Sprecherin.
Von Karin Leitner
Wien –Sieben Jahre lang war Heidi Glück Pressesprecherin und Strategieberaterin von Kanzler Wolfgang Schüssel, der die erste hiesige schwarz-blaue Regierung führte. Seit 2007 ist sie Kommunikationsberaterin, beobachtet die politische Szenerie genau, so auch das Wirken der Regierenden. Kann die immer lauter werdende Kritik aus den eigenen Reihen – von schwarzen Arbeitnehmervertretern und Landeshauptleuten – an den Koalitionären für Regierungschef Sebastian Kurz problematisch werden?
„Nein“, befindet Glück im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung. „Die Regierung hatte sich wegen der vier Landtagswahlen im vergangenen Frühjahr mit Reformen zurückgehalten – somit haben das auch die Landeshauptleute getan. Jetzt ist begonnen worden, Dinge umzusetzen. Dass das nicht unkritisch begleitet wird, ist nicht verwunderlich.“ Dass ÖVP-Landeshauptleute dieses oder jenes monieren, liegt für Glück primär daran, „dass sie ihren Leuten zeigen müssen, dass es sie auch gibt, dass sie einen Stellenwert haben“.
Wie wertet Glück das, was vom Koalitionspartner kommt – von den Äußerungen von EU-Parlamentarier Harald Vilimsky zu EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bis zur Ankündigung, mit anderen rechtspopulistischen Parteien eine EU-Wahlplattform zu bilden? „Ich würde die Bedeutung des Herrn Vilimsky nicht zu hoch ansetzen. Es geht wohl eher darum, die eigene Klientel zu bedienen, Unruheherde zu beseitigen. Die FPÖ hat Wähler, die so etwas hören wollen. Das ist aber eine Minderheit, auch bei den Funktionären.“ Wie soll Kurz die „proeuropäische“ Ausrichtung der Regierung glaubhaft machen, noch dazu während Österreichs EU-Vorsitz, wenn sich die FPÖ mit EU-Gegnern zusammentut? „Entscheidend“ sei, wie sich Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache verhalte, antwortet Glück. „Er wird sich entscheiden müssen, ob er beim vereinbarten Kurs bleibt – oder ob er davon abweicht und die Regierungsarbeit deutlich erschwert. Dass die FPÖ von der paktierten Europa-Linie abweicht, wird Kurz nicht akzeptieren können. Das kann eine kritische Phase werden.“
Hätte Kurz zu all dem nicht längst öffentlich etwas sagen müssen? Für Glück ist „gescheit“, dass dieser „nicht jede Aussage von Leuten aus der zweiten Reihe der FPÖ kommentiert. Damit würde auch sein Profil unscharf.“ Das habe Schüssel ebenfalls so gehalten. Abgesehen davon sei das „die Aufgabe des Herrn Strache“.