SPÖ kämpft weiter gegen den 12-Stunden-Arbeitstag
SPÖ-Sozialsprecher und Gewerkschafter Josef Muchitsch kündigt einen „sehr, sehr heißen Herbst“ und Widerstand bei den Lohnverhandlungen an.
Von Cornelia Ritzer
Wien –Sachlich im Ton, aber emotional in der Sache: So debattierte SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch im Nationalrat die „Dringliche Anfrage“ seiner Partei zum Thema Arbeitszeitflexibilisierung. Der Aufruf des obersten Baugewerkschafters an die ÖVP-FPÖ-Regierung vor dem Beschluss des 12-Stunden-Arbeitstages war, das Gesetz zurückzunehmen und über den Sommer eine konsensuale Lösung mit den Sozialpartnern zu finden.
Das Gesprächsangebot verhallte – wie auch der Appell an die Bundesräte der Regierungsparteien, das Gesetz in der Länderkammer nicht zu verabschieden. Der Initiativantrag der Regierungsparteien fand im Nationalrat und im Bundesrat eine Mehrheit, die Arbeitszeitflexibilisierung tritt mit 1. September in Kraft.
Gestern kamen vom SPÖ-Abgeordneten Muchitsch lautere Töne, er kündigte einen „sehr, sehr heißen Herbst“ an. Auf dem Plan stehe vor allem ein „stärkerer Aktionismus“ gegen den 12-Stunden-Arbeitstag, der laut Gewerkschafter „keine einzige Verbesserung für die Arbeitnehmer“ bringe. So soll eine Aufklärungskampagne über die rechtlichen Möglichkeiten der Arbeitnehmer informieren, zeitgleich zum Inkrafttreten des Gesetzes wird von der Arbeiterkammer eine „Betroffenenhotline“ eingerichtet. Außerdem wird im September mit dem Gewerkschaftsbund ÖGB eine Konferenz der Kollektivvertragsverhandler stattfinden, bei der man eine gemeinsame Strategie für die Herbstlohnrunden festlegen will. „Was man den Arbeitnehmern bereits weggenommen hat, versuchen wir bei den Kollektivvertragsverhandlungen wieder reinzubringen“, kündigt Muchitsch an. Denn: „Wir sind nicht gegen flexiblere Arbeitszeiten.“ Nur brauche es Regeln. Neben finanziellen Zulagen für Überstunden fordert die SPÖ unter anderem eine klare Regelung der Freizeitblöcke, die leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche und einen Rechtsanspruch auf die Viertagewoche.
Und schließlich werde die Arbeitszeit auch Thema am SPÖ-Bundesparteitag im Oktober sein. „Je länger das Gesetz in Umlauf ist, desto mehr wird es treffen“, ist Muchitsch überzeugt. Und widerspricht damit der Industriellenvereinigung. Deren Vizegeneralsekretär Peter Koren äußerte Anfang der Woche noch die Hoffnung, dass sich die Situation „über den Sommer eher beruhigen“ werde. Er sei deshalb positiv gestimmt, dass die Lohnverhandlungen im Herbst „gut über die Bühne gehen werden“. Ein Eindruck, den die Ankündigungen des SPÖ-Gewerkschafters nicht stützen.
Vom Tisch scheint dagegen ein Volksbegehren gegen die Ausweitung der Arbeitszeit zu sein. Der SPÖ-Antrag für eine Volksbefragung fand keine Mehrheit im Nationalrat, „und ein Volksbegehren macht nur dann Sinn, wenn es nicht von Parteipolitik überschattet ist“, erklärte Muchitsch. In der von der SPÖ initiierten Begutachtung zum Gesetzesentwurf der Regierung habe es von 203 Organisationen Stellungnahmen gegeben. Der „Auftrag“ sei nun, so Muchitsch, diese überparteilichen Kräfte zu bündeln.
Neben der Arbeitszeitflexibilisierung kritisiert Muchitsch, dass der Sozialstaat abgebaut werde. Die „Unfairness beim Familienbonus“ sei problematisch, und „mit Spannung“ werden von der SPÖ die Regierungsvorschläge zum Arbeitslosengeld sowie zur Mindestsicherung erwartet. Die Befürchtung des Abgeordneten: „Die Schwachen werden geschwächt.“