Grundeigentümer ließen bei Infoabend Dampf ab
Das Land Tirol lud Grundeigentümer in Radfeld zum Informationsabend. Nicht nur um alpine Rückhaltebecken und Steuer wurde heftig debattiert.
Von Jasmine Hrdina
Radfeld –„Es ist kompliziert“, begann Christoph Waldhör von der Abteilung Wasserwirtschaft des Landes Tirol seine Präsentation zum aktuellen Stand des Projekts „Hochwasserschutz im unteren Inntal“ und sprach dabei nicht über irgendjemandes Beziehungsstatus. Vielmehr ging es am Dienstagabend in der Volksschule Radfeld darum, Fachbegriffe wie „alpine Retentionsflächen“, „Entschädigungsmodell“ oder „Grundzusammenlegung“ zu erklären. Etwa 50 Grundeigentümer aus dem Ort waren der Einladung des Landes gefolgt, um sich ihre offenen Fragen von den Experten der Abteilung Wasserwirtschaft, der Wildbach- und Lawinenverbauung und der Landwirtschaftskammer beantworten zu lassen. Die Bilanz nach drei intensiven Stunden des Wortgefechts: Waldhör sollte Recht behalten.
Der Austausch mit dem Publikum sollte im Anschluss an die Präsentationen zum „Ist-Status“ erfolgen – so der Plan der Veranstalter. Immer wieder aber kam es bereits während der Vorträge zu emotionalen Zwischenrufen und hitzigen Diskussionen, verbale Beleidungen blieben nicht aus. So entbrannte etwa eine Debatte, als Markus Federspiel (Leiter Abt. Wasserwirtschaft) und Gebhard Walter (Wildbach- und Lawinenverbauung) noch einmal das Ergebnis der vom Land in Auftrag gegebenen Studie zur Wirksamkeit alpiner Retentionsflächen für das Inntal erörterte. Wie berichtet, kamen die Experten der TU Wien unter der Leitung von Günter Blöschl zu der Erkenntnis, dass die 130 kleinen Auffangbecken in den Seitentälern zwar lokal wirksam seien, aber nur 10 bis 15 Prozent davon hätten im Ernstfall – wie beim Hochwasser im August 2005 – Auswirkungen auf das Inntal gehabt.
„Wäre die Durchlassmenge der Becken einzeln steuerbar, wären sie effektiv“, warf ein in jeder Hinsicht „geladener“ Landwirt ein. Dies gehe auch aus der Studie hervor. Federspiel gab dem prinzipiell Recht, erläuterte aber, dass eine individuelle Steuerung aus technischer Sicht derzeit nicht möglich sei. „Dazu müssten wir auch das Wetter bei den 130 Anlagen exakt vorhersagen können. Das schaffen wir derzeit gerade mal für die nächsten 24 Stunden am Inn“, winkte auch Walter ab.
Verkehrswertminderung, Abgeltung zum Verkehrswert, Vergütungen und Entschädigungen im Ernstfall: Wie die betroffenen Grundeigentümer, deren Flächen für die geplanten Retentionsräume gebraucht werden, abgegolten werden, darüber schienen die meisten der Anwesenden bereits informiert zu sein. Ein Raunen ging jedoch durch die Reihen, als es um die steuerliche Behandlung der Zahlungen ging. Denn ob und wie viel das Finanzamt davon beanspruchen wird, steht noch in den Sternen.
Der vom Verkehrswert zu versteuernde Anteil basiere letztlich nicht nur auf den Rechnungen des Landes, sondern in erster Linie auf der Entscheidung jener Sachverständigen, die das Finanzamt entsenden wird. „Für das Finanzamt ist ein Privatgutachten nicht bindend“, erläuterte Alexander Berger, Steuerreferent der Landwirtschaftskammer Tirol. Er kündigte ein „baldiges“ Treffen der obersten Finanzbeauftragten von Land und Bund an, um „vorzufühlen, ob die Finanz“ die im Entschädigungsmodell des Landes angegebenen Summen auch „anerkennt“. „Wenn ich euch schon mein Land gebe, werdet ihr wohl schauen, dass das Finanzamt die Hände von mir lässt“, hörte man eine Stimme aus dem Publikum. Immerhin geht es für einige um Beträge, die eine sechsstellige Höhe erreichen können. Man werde das Treffen abwarten müssen, entgegnete Berger und versicherte: „Wir haben das Entschädigungsmodell mit dem Ziel aufgebaut, dass es steuerfrei bleibt.“ Es führe aber nichts drum herum, „sich den Einzelfall anzusehen“.
27 Hektar Land stehen in Radfeld und Kundl zur Debatte, in Kramsach sind es 8,9, weitere 12,4 Hektar in Angath. „Mit diesen vorhandenen Flächen kann der Bedarf an Retentionsflächen grundsätzlich gedeckt werden“, bilanzierte Anton Fuchs, Abteilung Bodenordnung, zum Abschluss. Bevor der Informationsabend in einzelne (Streit)-Gespräche bei den vier aufgebauten Themenstatonen auslief, richteten die Vortragenden eine klare Botschaft Richtung Gemeinden: Der Wasserverband sei Ansprechpartner und zugleich Interessenvertreter der einzelnen Grundeigentümer. Radfeld und Angath weigern sich aber bisweilen, diesem beizutreten.