Medizin

Hepatitis C: Dem stillen Virus auf der Spur

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Knapp 2000 Tiroler sind mit Hepatitis C infiziert, doch nur die Hälfte weiß davon. Dennoch sind Experten zuversichtlich, das tödliche Virus bis 2030 zu bezwingen. Dazu müssten sie aber die Baby-Boomer erreichen.

Von Theresa Mair

Innsbruck – Jede Woche steckt sich in Tirol statistisch gesehen ein Mensch mit Hepatitis C an. Doch geschätzt die Hälfte aller Infizierten weiß gar nichts davon. Das Virus tut nicht weh. Es zerstört die Leber langsam. Wenn man nicht gezielt nach Hepatitis C sucht, schlagen die Leberwerte bei Routine-Bluttests nicht unbedingt Alarm.

So kommt es, dass die Betroffenen mitunter jahrzehntelang nichts bemerken, außer dass sie müde sind. „Das ist fatal“, sagt Heinz Zoller, Leiter des Hepatologischen Labors an der Uniklinik für Innere Medizin I in Innsbruck, anlässlich des Welt-Hepatitis-Tags an diesem Samstag.

Denn seit 2013 ist die Infektionskrankheit nebenwirkungsarm mit Tabletten, so genannten DAAs, innerhalb von zwei bis drei Monaten zu 98 bis 99 Prozent heilbar. „Unbehandelt führt eine Hepatitis C jedoch zu Leberzirrhose und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Leberkrebs und zählt damit zu den tödlichsten Viruserkrankungen weltweit“, sagt Klinikdirektor Herbert Tilg.

Hepatitis-C-Patienten sind in Tirol gut aufgehoben. Denn im Hepatologischen Labor wird nicht nur die Virusdiagnostik durchgeführt. Es ist auch direkt mit der Patientenversorgung und einem Therapieangebot für alle Betroffenen verknüpft – was nach Angaben der Med-Uni ideale Voraussetzungen für den Aufbau des geplanten Hepatitis-Registers sei. Im Vorjahr sind 73 Betroffene in dem Labor betreut worden.

Um neue Ansteckungen verhindern zu können, müsste die Zahl aber beinahe doppelt so hoch sein. „Da durch höhere Behandlungsraten von rund 1000 Patienten bis zum Jahr 2030 auch zusätzliche Neuinfektionen verhindert werden, könnten dadurch allein in Tirol in den kommenden Jahren über 1250 Hepatitis-C-Erkrankungen geheilt bzw. vermieden werden“, sagt Zoller voraus. Zusammen mit Schäfer hat er die Daten aller bekannten in Tirol lebenden Hepatitis-C-Patienten erfasst und die Ergebnisse sowie Modellanalysen im Fachmagazin PlosOne veröffentlicht.

Die Experten sind optimistisch, dass es in Tirol möglich ist, das von der WHO ausgerufene Ziel zu erreichen, Hepatitis C bis 2030 zu eliminieren. Dazu müssten allerdings mehr Betroffene erreicht werden, etwa durch ein Screeningprogramm im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung. „Es sollte finanzierbar und erreichbar sein, einmal im Leben einen solchen Test durchzuführen. Es braucht vermehrte Anstrengungen. Wir haben gute Signale von der TGKK und ein gutes Einvernehmen mit dem Tiroler Gesundheitsfonds, um in naher Zukunft Hepatitis C zu eliminieren“, so Zoller.

Kopfzerbrechen bereitet den beiden Experten bisher noch die Baby-Boomer-Generation – also all jene, die zwischen 1945 und 1965 geboren wurden oder jung waren. „Zu der damaligen Zeit war das Hepatitis-C-Virus noch nicht bekannt. Es wurde erst 1989 entdeckt. Spenderblut, das vor 1992 verabreicht worden ist, konnte also noch gar nicht auf die Viren getestet werden“, nennt Schäfer die Gründe.

Die Patienten hätten keine Symptome, der Infektionszeitpunkt liege 30 Jahre zurück und viele könnten sich nicht mehr gut erinnern, was damals war. Viele Menschen wüssten z. B. oft gar nicht mehr, ob sie bei einem Unfall eine Bluttransfusion erhalten haben. Infizierte Mütter könnten ihre Kinder bei der Geburt angesteckt haben. Die Ansteckungsgefahr beim Tauschen von Drogen-Spritzen, aber auch beim Piercen und Tätowieren war damals noch keinem klar.

Hepatitis C kann nur von Blut zu Blut übertragen werden. Im Haushaltsalltag ist die Ansteckungsgefahr daher sehr gering. Heute sind Bluttransfusionen sicher, Piercings und Tattoos in einem hygienischen Umfeld ebenso. Gefährdet sind Männer, die Sex mit Männern haben, Personen mit einem Hochrisiko-Sexualverhalten sowie Drogenkranke.

Zoller und Schäfer schließen sich den US-Empfehlungen an, wonach sich die Baby-Boomer zumindest einmal im Leben auf Hepatitis C testen lassen sollen sowie jene Personen in Risikosituationen.

„Jeder kann betroffen sein. Es ist gut, sich testen zu lassen. Denn die Folgen einer Infektion sind schwer. 30 Prozent der Betroffenen entwickeln nach 30 Jahren eine Leberzirrhose. Nach 40 Jahren ist die Hälfte betroffen“, sagt Zoller. Eine Schädigung der Leber könne in diesem Fall zwar nicht mehr rückgängig gemacht werden, doch auch dann sei eine Therapie noch sinnvoll. Die Viren werden dabei abgetötet und somit ein Fortschreiten und die weitere Übertragung der Krankheit verhindert.