Strafzölle - Skepsis bei Trump und Juncker vor Spitzentreffen
Washington/Berlin (APA/Reuters) - Ähnliche Interessen, aber kein Kompromiss in Sicht: Kurz vor dem mit Spannung erwarteten Treffen von US-Pr...
Washington/Berlin (APA/Reuters) - Ähnliche Interessen, aber kein Kompromiss in Sicht: Kurz vor dem mit Spannung erwarteten Treffen von US-Präsident Donald Trump mit dem EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Mittwoch in Washington äußerten sich beide Politiker skeptisch zu den Aussichten für einen Durchbruch im Handelsstreit.
Beide Seiten betonten zwar grundsätzlich ihr Interesse am Abbau von Zöllen, konkrete Hinweise fehlten allerdings, wie die jüngste Spirale aus Zöllen und Gegenmaßnahmen beendet werden könnte. Die EU und besonders Deutschland fürchten vor allem Sonderzölle von Trump auf US-Importe von europäischen Autos.
Sollte es dazu kommen, plant die EU nach Angaben von Handelskommissarin Cecilia Malmström Gegenzölle auf US-Produkte im Wert von 20 Mrd. Dollar (17 Mrd. Euro). EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger schlug vor, rasch Verhandlungen über einen umfassenden Zollabbau weit über den Autobereich hinaus zu beginnen. Denn der Handelsstreit belastet zunehmend die Wirtschaft und bedroht Jobs in der deutschen Automobilindustrie, die wiederum Folgen für die österreichischen Zulieferer haben könnten.
Trump wiederholte über Twitter seinen Vorschlag, die USA und die EU sollten auf beiden Seiten alle Zölle, Handelshindernisse und Beihilfen fallenlassen. „Das wäre dann endlich ein freier Markt und fairer Handel.“ Er sei dazu bereit. Er glaube aber nicht, dass das auch für Europa gelte. Trump hatte Europa zuletzt bereits zum Feind erklärt - trotz der engen Verknüpfung der Wirtschaft und der Sicherheitsinteressen auf beiden Seiten des Atlantiks. Kurz vor dem Treffen mit Juncker gab sich der Republikaner betont kompromisslos: „Keine Schwäche“, twitterte er und verwies auf das riesige US-Defizit im Warenhandel von 817 Mrd. Dollar im vergangenen Jahr. Besonders ins Visier nahm er China, das Land mit dem höchsten Überschuss im Handel mit den USA. „Bisher waren wir nett - bis jetzt.“
Auch Juncker rechnet nicht mit größeren Fortschritten: „Ich bin nicht übermäßig optimistisch“, sagte der Luxemburger dem ZDF. Er kündigte selbstbewusste Gespräche „auf Augenhöhe“ an. Europa sitze nicht auf der Anklagebank. „Insofern brauchen wir uns auch nicht zu verteidigen.“ Es gehe darum, einen Handelskrieg zu vermeiden.
Dass die Europäer trotz der Drohungen Trumps nicht nachgeben wollen, machte Malmström erneut deutlich, die ebenfalls in Washington Gespräche führt. Der schwedischen Tageszeitung „Dagens Nyheter“ sagte sie, Brüssel wolle eine Eskalation vermeiden. „Falls nicht, bereitet die Kommission eine ziemlich lange Liste von US-Waren vor.“ Die könnten dann bei der Einfuhr in die EU mit neuen Abgaben belegt werden.
Um dies zu verhindern, forderte Oettinger auf das Angebot eines umfassenden Zollabbaus einzugehen. „Man könnte versuchen, das Paket für die bestehenden Zölle aufzuschnüren und dann die Zölle für verschiedene Waren, Produkte zu senken.“ Das wäre dann ein „kleines Freihandelsabkommen“. Verhandlungen dazu könnten bereits im Herbst beginnen. Auch die Bundesregierung hält grundsätzlich weniger Zölle und Handelshürden für wünschenswert. Um aber ein Freihandelsabkommen auszuhandeln, benötige die EU-Kommission „eine Art Rahmenmandat“ seitens der Mitgliedsländer, sagte eine Sprecherin des deutschen Wirtschaftsministeriums. So weit sei man noch nicht.
In der Wirtschaft wird der Handelsstreit mit zunehmender Nervosität beobachtet. Der Geschäftsklima-Index des Münchner Ifo-Instituts, der die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Firmen wiedergibt, fiel bereits zum siebten Mal in acht Monaten. „Die Unsicherheit hat merklich zugenommen“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe zur Nachrichtenagentur Reuters. Der Chef der Gewerkschaft IG Metall im Autoland Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger, fürchtet Arbeitsplatzverluste bei den deutschen Herstellern, sollte Trump ernst machen. „Wenn der Handelskonflikt tatsächlich eskaliert, hätte das katastrophale Folgen“, warnte er.
Unterdessen bekommen auch US-Unternehmen die Zollpolitik Trumps zu spüren. Der führende amerikanische Autobauer General Motors senkte seine Gewinnprognose für dieses Jahr. Das gebe „beachtlichen Gegenwind“, sagte Finanzchef Chuck Stevens. Der Konzern bezieht seinen Stahl von US-Produzenten, die ihre Preise wegen der höheren Einfuhrzölle auf Stahl erhöht haben.