ImPulsTanz - „Unwanted“: Eindringliche Vergewaltigungsaufarbeitung

Wien (APA) - Mit „Unwanted“ zeigt die ruandische Autorin, Komponistin, Sängerin und Choreografin Dorothee Munyaneza eindringlich die seelisc...

Wien (APA) - Mit „Unwanted“ zeigt die ruandische Autorin, Komponistin, Sängerin und Choreografin Dorothee Munyaneza eindringlich die seelischen und sozialen Torturen von Vergewaltigungsopfern während des Völkermordes in Ruanda im Jahr 1994. Die grandiose Österreichpremiere im Rahmen von ImPulsTanz am Mittwoch im gut besuchten Wiener Odeon begeisterte und erschütterte das Publikum gleichermaßen.

Für Munyaneza, die während des Geonzids der Hutu an den Tutsi in Ruanda zwölf Jahre alt war, ist Vergewaltigung eine Kriegswaffe, besonders um Menschen mit HIV zu infizieren. In „Unwanted“ sammelt sie die Geschichten von den Opfern von Vergewaltigungen und den daraus entstandenen Kindern. Mit simultan übersetzten Erzählungen der Betroffenen vom Tonband startete die Darbietung, sodass das Publikum sofort in aller Heftigkeit mit dem furchtbaren Thema der Performance konfrontiert wurde.

Die rund 75-minütige Aufführung vereinte Erzählung, Musik, Tanz und Gesang zu einer emotionalen und intensiven Vorstellung, die das Unvorstellbare vermitteln konnte und als Aufarbeitung dienen sollte. Durch den melancholischen, wenngleich starken Soul-Gesang von Munyaneza und der US-amerikanischen Sängerin Holland Andrews wurde das Publikum in die inneren seelischen Konflikte der Opfer hineingezogen. Besonders Andrews‘ Gesang, der teils von Opernarien in Kehlkopfgesang überging, wurde zudem von Toningenieur Kamal Hamadache gelooped und mit ihrem Klarinettenspiel und elektronischen Elementen zu einem beängstigenden Klangteppich verknüpft. Die Musik transportierte die Furcht sowie den Hass und Zorn der Opfer, wobei sie sich von kaum wahrnehmbaren Sounds hin zu donnernden Crescendos der Verzweiflung entwickelte.

Munyaneza visualisierte und ergründete diese Emotionen durch ihre Tanzeinlagen: Sie verrenkte sich, rannte, wälzte sich in Verzweiflung am Boden, schlug auf Bruce Clarkes minimalistisches Bühnenbild ein und kämpfte gegen, oder mit sich selbst. Auch den Hass der Kinder auf ihre unbekannten Väter behandelte sie, indem sie einzelnen Zuschauern verzweifelt „bist Du mein Vater?!“ entgegen schrie - eine beklemmende und zugleich beängstigende Erfahrung. Doch auch das Überwinden des Schmerzes wurde visuell thematisiert: Ohne Selbstachtung könne man nicht leben, es gebe keine Alternative zum Starksein.

Die Thematik von „Unwanted“ ist für Munyaneza allgemeingültig, die Vergewaltigungen während des Genozids in Ruanda sind für sie lediglich ein Fallbeispiel. Die Grundproblematik konnte das Künstlertrio auch eindrucksvoll transportieren, denn die Traumata der Betroffenen, die sie zwischen Verzweiflung, Wahnsinn, Angst, Trauer und Wut pendeln lassen, wurden dem beeindruckten und tief betroffenen Publikum wahrhaft nahe gebracht.

(S E R V I C E - Dorothee Munyaneza: „Unwanted“, weitere Vorstellungen am 26. Juli, 19 Uhr und 27. Juli, 20:30 Uhr. Odeon, 2., Taborstraße 10. Infos und Tickets unter www.impulstanz.com )