LA: Weißhaidinger im Interview: „Harte Arbeiter kommen weiter“
Maria Enzersdorf/Wien (APA) - Lukas Weißhaidinger zählt bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Berlin zu den Medaillenanwärtern im ...
Maria Enzersdorf/Wien (APA) - Lukas Weißhaidinger zählt bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Berlin zu den Medaillenanwärtern im Diskuswurf. Der Oberösterreicher lieferte trotz Verletzung eine starke Saison ab, Samstag absolviert er beim Meeting in Andorf nochmals einen Testlauf. Die APA - Austria Presse Agentur bat den 26-Jährigen in seiner Trainingsheimstätte in der Südstadt in Maria Enzersdorf zum Interview:
APA: Der für heuer zurechtlegte Fahrplan brachte wunschgemäß einen neuen österreichischen Rekord und die Qualifikation für das Diamond-League-Finale ...
Weißhaidinger: „... und das noch dazu mit der Verletzung! Besser als unter den Umständen erhofft!“
APA: Inwieweit hat Sie die Verletzung beeinträchtigt?
Weißhaidinger: „Wir haben technisch eigentlich Plan B verwenden müssen, weil Plan A so schmerzhaft und unwerfbar war. Die Sehne am Knöchel war verletzt, ich konnte beim Eindrehen den kurzen knackigen Druck nicht aufbringen, den ich normal mache. Sondern ein bisserl weicher, sachter und länger, dadurch hat sich alles von der Richtung her ein bisserl nach links verschoben und mehr gedreht als gedrückt. Aber es ist gut gegangen. Mit Stockholm und den 66 m war ich super zufrieden, aber mit den anderen Wettkämpfen auch. Ich konnte sie super durchziehen. Dann haben wir wieder einen Trainingsaufbau gemacht, alles ideal getimt von Gregor (Trainer Högler/Anm.), alles genau nach Plan.“
APA: Sind Schmerzen beim Werfen da?
Weißhaidinger: „Die Schmerzen haben wir im Griff. Ich kann so werfen, wie ich werfen will. Wir sind bei 99 Prozent Schmerzfreiheit angelangt. Ab und zu spüre ich es noch, aber wir haben es so weit unter Kontrolle, dass wir es sehr gut eindämmen können. Und ich im Kreis ohne Schmerzen werfen kann. Es ist etwas, das wir hundertprozentig nach Brüssel (Diamond-League-Finale/Anm.) auskurieren werden, da werde ich mich in den wohlverdienten Urlaub begeben und nichts tun. Der Körper braucht Ruhe.“
APA: Gibt es momentan einen Lieblings-Diskus?
Weißhaidinger: „Heute habe ich nicht damit geworfen. Technisch ist sehr viel da, man muss es nur richtig zusammenbauen. Es ist alles da, was ich brauche zum Weitwerfen, zum Vornemitspielen.“
APA: Worauf kommt es vor der EM im Training jetzt noch an?
Weißhaidinger: „Wir hatten jetzt drei harte Wochen. Das Wichtige ist jetzt, die Lockerheit und Spritzigkeit in die festen Würfe reinzubringen. Wenn ich jetzt nicht weit werfen kann, kann ich es in Berlin auch eher schwierig. Locker habe ich sehr gute Würfe dabei, wenn ich jetzt einen weiten werfen will, dann reißt es ihn mir noch ein bisserl aus der Hand. Das ist etwas, das ich jetzt noch etwas üben muss. Da kommt mir Andorf sehr zu Gute, dass ich lerne, einfach die Lockerheit in der Drehung zu haben, um dann vorne zu attackieren. Und nicht gleich zu verkrampfen. Die Struktur ist schon richtig gut, man muss nur noch die Feinheiten rausarbeiten. Mir bringt jetzt jedes Training noch was an Erfahrung, die ich bis zur EM noch brauche, dass ich da dann den ‚lucky punch‘ noch habe. Ich werde mit einem guten Selbstvertrauen in den Flieger einsteigen. Ich weiß aber auch, was wir noch bessermachen müssen.“
APA: Ihr Trainer sagt, Sie planen den Tag ums Essen. Sie sind Fleischesser, wieviel verdrücken Sie?
Weißhaidinger: „4.500 Kalorien bei harten Trainingsumfängen am Tag. Auf alle Fälle proteinhaltig, dazu Shakes. Bei harter Arbeit isst du mehr, jetzt auf die Europameisterschaft hin wird es eher weniger. Weil ich der Überzeugung bin, und auch der Gregor, dass man ein bisserl hungrig sein soll fürs Werfen. Ein Löwe muss auch zuerst jagen, bevor er essen kann. Nur viel essen, da bist eher entspannt. Da habe ich auch schon die Erfahrung gemacht, dass es ganz gut ist, wenn man ein bisschen weniger isst. Man hat auch keinen Hunger. Ich kenne keinen normalen Menschen, der sich vor einer Prüfung drei Schnitzel reinhaut. Wenn ich viel trainiere, esse ich fünfmal, jetzt eher Frühstück und Mittagessen und dann nichts mehr.“
APA: Ohne erfolgreicher Qualifikation gibt es kein EM-Finale. Was ist der Plan für Berlin?
Weißhaidinger: „Es ist in der Quali nie so, wie es schon einmal war. Das Finale ist die Draufgabe, die Quali ist das Schwierigste von allen. Weil jeder davon ausgeht, dass du es schafft, so im Vorbeigehen, denn jeder redet vom Finale, von einer Medaille. Aber von der Quali redet keiner. Du musst schauen, dass du möglichst ohne Kraftverlust durchkommst. Wir haben im Diskus zehn Leute, die schon eine Medaille gewonnen haben. Dann kommen nochmals zehn dazu, die auch reinwerfen können und eine haben wollen, dazu gehöre ich. Das ist das Schwierigste, dass man über eine gewisse Weite drüberwerfen muss, um fix dabei zu sein. Die Quali ist immer ein bisschen heikel, man muss locker reingehen, locker werfen und sich die Linie wegdenken.“
APA: Es gibt größere Werfer als Sie. Wie entscheidend ist der Faktor Körpergröße?
Weißhaidinger: „Hebel ist ein entscheidender Faktor. Daniel Stahl, Christoph Harting und Andrius Gudzius sind die drei, die es zu schlagen gilt, wenn man eine Medaille haben will. Man hat aber schon gesehen, dass auch sie schlagbar und nicht jeden Tag in Topform sind. Stahl hat eine Armspannweite von 2,21 m, ich habe 2,09 m. Und bei selber Technik sind zwei Zentimeter dann ein Meter in der Weite. Das heißt, ich muss schon einmal um einiges mehr besser machen als er. Glücklicherweise ist Daniel keiner, der sich gut überlegt, was er tut, sondern der wirft eher einfach, weil er es auch nichts anders machen muss. Und zum Schluss bin ich der Überzeugung, dass die harten Arbeiter immer die sind, die weiter kommen. Deswegen scheue ich den Konkurrenzkampf nicht. Ich bin sicher einer der technisch Besten und Stärksten.“
(Das Gespräch führt Birgit Egarter/APA)