Feuerwehr unterbricht Arbeit

Knirschende Geräusche: Bereiche unter Brücke in Genua tabu

Die Morandi Brücke in Genua ist am 14. August kollabiert.
© REUTERS

Die Feuerwehr in Genua musste nach dem verheerenden Brückeneinsturz am Montag ihren Einsatz abbrechen. Der Rumpf der Brücke mache verdächtige Geräusche. Zudem wurde bekannt, dass bereits im Februar entdeckt worden sein soll, dass die Brücke von Rost befallen war.

Genua – Aus Sicherheitsgründen haben Feuerwehrleute in Genua ihre Arbeit unter einem der beiden Brückenreste vorläufig eingestellt. Der Rumpf, der über evakuierten Wohnhäusern verläuft, mache Geräusche, die sich von denen in den vergangenen Tagen unterschieden, sagte Feuerwehr-Sprecher Luca Cari am Montag. Die Bewohner der Häuser dürften deshalb von nun an keine persönlichen Gegenstände mehr aus ihren Wohnungen holen.

Evakuierte erhalten neue Wohnungen

Am Montag sollten die ersten betroffenen Familien neue Bleiben bekommen, kündigte der Regionalpräsident von Ligurien, Giovanni Toti, auf Twitter an. Bis zum 20. September sollten weitere 40 Wohnungen zur Verfügung stehen, bis Ende des Monats weitere 100. „Innerhalb von maximal acht Wochen gibt es ein Zuhause für alle“, versprach er. Mehr als 500 Genuesen hatten ihre Wohnungen verlassen müssen.

Genua wird durch ein Netz von fünf Tunnels und Brücken durchzogen. Eine der Brücken, die Morandi Brücke, war eingestürzt. Im Bild die Brücke der E80 in Staglieno.
© AFP

Während eines starken Unwetters war am vergangenen Dienstag der als Morandi-Brücke bekannte Polcevera-Viadukt eingestürzt, 43 Menschen starben. Die Brücke gehörte zur Autobahn 10, die eine wichtige Verbindungsstraße in anliegende italienische Regionen und nach Südfrankreich ist. Die genaue Ursache für den Einsturz ist noch unklar. Experten vermuten aber, dass die Katastrophe durch den Riss eines Tragseils verursacht worden sein könnte.

Offenbar bereits im Februar von Rost berichtet

Einem Medienbericht zufolge war bereits im Februar bekannt, dass die Seile der Morandi-Brücke von Rost befallen waren. Das bestätige das Protokoll einer Sitzung von mindestens sieben Ingenieuren, die den italienischen Staat und den Autobahnbetreiber Autostrade per l‘Italia vertreten hatten, wie das Nachrichtenmagazin L‘Espresso am Wochenende berichtete. Das Ergebnis der Überprüfung habe weder zu einer Sperrung noch zu einer Begrenzung des Verkehrs auf der Brücke geführt, schrieb L‘Espresso. Aus dem Verkehrsministerium verlautete, es liefen interne Prüfungen zu dieser Frage.

Die Aktie des italienischen Infrastrukturkonzerns Atlantia – Mutterkonzern des Autobahnbetreibers Autostrade per l‘Italia – setzte indes ihre Talfahrt am Montag fort. Nachdem sich der Kurs Ende vergangener Woche wieder etwas erholt hatte, verlor er am Vormittag 9,33 Prozent.

Der Handel mit den Atlantia-Aktien begann verspätet, er war in der Früh zunächst ausgesetzt worden.

Regierung macht Betreiber verantwortlich

Atlantia ist der Mutterkonzern des italienischen Autobahnbetreibers Autostrade per l‘Italia, den die Regierung für das schwere Brückenunglück von Genua mit über 40 Toten verantwortlich macht. Schon nach der Tragödie am vergangenen Dienstag sowie in den Tagen danach hatte der Börsenkurs deutlich nachgegeben.

Montagfrüh sorgte zunächst ein Bericht des Finanzportals Milano Finanza für Verunsicherung, wonach Autostrade verstaatlicht werden könnte. Daher wurde der Aktienhandel ausgesetzt. Eine Verstaatlichung wäre trotz der hohen Kosten „lohnenswert“, sagte Verkehrsminister Danilo Toninelli der Zeitung Corriere della Sera. Die Regierung hatte zuvor bereits erklärt, sie prüfe einen Lizenzentzug sowie hohe Strafzahlungen gegen das Unternehmen.

Die Zeitung L a Repubblica berichtete am Montag unter Berufung auf Gewerkschaftsangaben, dass eine Verstaatlichung von Autostrade zwischen 15,8 und 18,2 Mrd. Euro kosten könnte. Das Unternehmen weist die Verantwortung für den Brückeneinsturz zurück und bot rund 500 Mio. Euro für den Wiederaufbau der Brücke sowie für Hilfszahlungen an. (APA/dpa/AFP)

Verwandte Themen