Tirol

Feuer, Wut und Angst: Tiroler Brandstifter schlug wieder zu

Nach dem neunten Brandanschlag, allein drei davon in Inzing, ist die Stimmung mehr als gereizt: Ein Betroffener denkt an eine Bürgerwehr, ein Nachbar hält Feuerwehrschläuche bereit.

Von Thomas Hörmann

Inzing –Der Blick etwas oberhalb von Inzing in Richtung Inntal sorgt für Gänsehaut: Im Vordergrund die verkohlten Überreste des Pferdeunterstandes, der vor zehn Tagen in Flammen aufging. Im Hintergrund ein Teil der übrigen Tatorte, für die ein Serien-Brandstifter verantwortlich sein soll. „Der Stadel hat gebrannt, der auch, der liegt aber schon auf Pettnauer Gebiet“, erzählt ein Einheimischer. Der Pferdestall im nahen Inzinger Weiler Toblaten, der in der Nacht zum Dienstag beinahe in Flammen aufging, ist hingegen nicht zu sehen – mehrere Gebäude verstellen den Blick. Genau das macht den Inzingern Sorgen. „Bisher hat der Brandstifter nur einzeln stehende Objekte angezündet“, sagt Hansjörg S., Besitzer des Pferdeunterstandes, der am 13. August in Brand gesetzt wurde. „Doch jetzt scheint der Täter Ernst zu machen.“ Tatsächlich befinden sich in unmittelbarer Nähe des jüngsten Brandobjekts eine Reithalle, eine mit Heu gefüllte Scheune und ein Kuhstall. „Wäre der Brand voll ausgebrochen, hätte es für die umliegenden Gebäude schlecht ausgeschaut“, sagt Nachbar und Reithallenbesitzer Michael G.: „Außerdem ist so ein Lüfterl gegangen, das die Flammen in unsere Richtung getrieben hätte.“

G. war es auch, der zusammen mit einem weiteren Anrainer die Flammen unter Kontrolle gebracht hat. „Mein Nachbar hat den Feuerschein vom Fenster aus entdeckt.“ Das war gegen 1.30 Uhr. „Er belud sein Quad mit einem Feuerlöscher und ist zum Stall gefahren. Gemeinsam haben wir mit der Motorsäge ein Loch in die Wand geschnitten und mit dem Löschen begonnen“, schildert Ex-Feuerwehrmann G. So konnte das Gebäude gerettet werden. Dass sich die Pferde nicht im Stall befanden, war kein Zufall: „Der Besitzer hatte wegen dem Feuerteufel ein schlechtes Gefühl“, weiß sein Nachbar: „Deshalb war der Stall leer und den Tieren ist nichts geschehen.“

Apropos schlechtes Gefühl – das kennen mittlerweile viele zwischen Zirl und Telfs. Auch Reithallenbesitzer Michael G.: „Ich hab’ wegen der Brandserie ständig ausgerollte Feuerwehrschläuche am Hof liegen. Wenn’s brennt, muss ich sie nur noch ans Wasser anschließen.“ Nachsatz: „Wenn ich den Feuerteufel in die Finger krieg, braucht’s kein Gericht mehr.“ Hansjörg S. ergänzt: „Viele Leute hier haben Angst. Wir sollten eine Art Bürgerwehr, eine Brandwache einrichten, die die ganze Nacht aufpasst.“

Die Serie:

Der Anfang: Die Serie begann am 19. Juli mit einem Stadelbrand bei Pfaffenhofen. Bereits in der nächsten Nacht war ein Schuppen bei Pettnau an der Reihe.

Paarweise: Der Brandstifter schlug auch am 26. und 27. Juli (Zirl und Unterperfuss) und am 12. und 13. August (Hatting und Inzing) im Doppelpack zu.

Neun Anschläge: Mit den Bränden am 1. August, am 15. August und am 21. August (Inzing, Telfs und wieder Inzing) umfasst die Serie neun Anschläge.

Noch zwei: Dazu kommt ein missglückter zweiter Anschlag am 13. August ebenfalls in Inzing. Nicht ausgeschlossen ist, dass die Serie eigentlich schon mit dem Stadelbrand am 7. Juli in Rietz begann. Möglich ist auch, dass der eine oder andere Brand das Werk eines Nachahmungstäters ist.

Polizei: Das Landeskriminalamt hat mittlerweile eine Sonderkommission eingerichtet. Auch viele Beamte aus dem Bezirk beteiligen sich an der Dauerfahndung.

Auch die Partnerin von S. hatte Dienstagnacht Angst: „Ich bin gegen ein Uhr aus dem Schlaf geschreckt und hatte ein ganz mulmiges Gefühl“, so die Inzingerin: „Ich stand sogar auf, bin aus dem Haus und hab’ nachgeschaut, aber nichts gesehen.“ Das Gefühl trog sie dennoch nicht. „Als eine halbe Stunde später die Sirene ging, wurde mir ganz übel.“ Die Inzingerin weiß auch, was „so ein Brandanschlag mit einem macht. Man ist den ganzen Tag voll mit Adrenalin, bringt aber nichts mehr auf die Reihe.“

Dass die Serie weitergehen wird, bezweifelt niemand. Ebenso klar scheint für die Bewohner, dass ein Einheimischer für die Brandanschläge an mittlerweile neun Tatorten zwischen Zirl und Telfs verantwortlich ist. „Die Frage ist nur, wann und wo der Täter als Nächstes zuschlägt.“ Und ob er mit seinem Feuerzeug noch näher als zuletzt an die Siedlungen heranrückt.

Hansjörg S. ist sogar überzeugt, dass die Serie mittlerweile zehn Brandanschläge umfasst. „In der Nacht, als unser Unterstand vor zehn Tagen gebrannt hat, wurde ein weiteres Feuer in einem Stadel in der Nähe gelegt. Die Flammen dürften aber von selbst ausgegangen sein.“

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