Filmemacher Senzow seit hundert Tagen im Hungerstreik
Moskau (APA/AFP) - Der Hungerstreik des in Russland inhaftierten ukrainischen Filmemachers Oleg Senzow ist am Dienstag in den hundertsten Ta...
Moskau (APA/AFP) - Der Hungerstreik des in Russland inhaftierten ukrainischen Filmemachers Oleg Senzow ist am Dienstag in den hundertsten Tag gegangen. Seit dem 14. Mai verweigert der 42-Jährige, der in einer Strafkolonie im äußersten Norden Russlands festgehalten wird, die Nahrungsaufnahme. Nach Angaben seiner Cousine schwebt Senzow in Lebensgefahr.
Bemühungen um seine Freilassung waren bisher vergeblich. Vor der russischen Botschaft in Kiew demonstrierten am Dienstag mehrere Dutzend Aktivisten für den Regisseur.
Senzow war im Mai 2014 auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim festgenommen worden. Die Behörden warfen ihm vor, Brandanschläge organisiert zu haben. Der Aktivist und Dokumentarfilmer wies dies zurück, wurde aber im August 2015 zu 20 Jahren Haft verurteilt. Er will seinen Hungerstreik erst beenden, wenn Russland alle ukrainischen „politischen Gefangenen“ freilässt.
Am vergangenen Donnerstag hatte Senzows Cousine Natalia Kaplan gesagt, der 42-Jährige glaube nicht mehr daran freizukommen. In einem Brief habe Senzow ihr geschrieben, er habe keine Hoffnung mehr und sein „Ende“ sei nah. Kaplan beschrieb Senzows Gesundheitszustand als sehr schlecht. „Er hat einen sehr schwachen Herzschlag von 40 Schlägen pro Minute“, sagte Kaplan. „Er beklagt, dass sein Herz schmerzt, dass er schwach ist und er versucht, nicht zu oft aufzustehen, um seine Kräfte zu schonen.“
Am Dienstag nahm Kaplan an der Protestkundgebung vor der russischen Botschaft in Kiew teil. „Oleg hält durch“, machte sie den anderen Demonstranten Mut. „Er ist nicht gebrochen.“
Am vergangenen Mittwoch hatte die russische Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Soja Swetowa nach einem Besuch bei Senzow berichtet, der Filmemacher habe angegeben, durch den Protest bereits 17 Kilogramm an Gewicht verloren zu haben. Der Vater von zwei Kindern wird über einen Tropf am Leben gehalten.
Kaplan forderte westliche Staats- und Regierungschefs auf, sich weiter für die Freilassung des 42-Jährigen einzusetzen. Zuletzt hatte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vergeblich beim russischen Staatschef Wladimir Putin für Senzow eingesetzt.
Auch bekannte Persönlichkeiten wie der US-Autor Stephen King, Hollywoodstar Johnny Depp und der russische Regisseur Andrej Swyaginew setzen sich für den Filmemacher ein.
Im Juni hatten der ukrainische Präsident Petro Poroschenko und Putin in einem Telefonat einen Gefangenenaustausch in Erwägung gezogen. Dies wurde jedoch nicht in die Tat umgesetzt.
Die Sprecherin des ukrainischen Außenministeriums, Mariana Beza, forderte am Dienstag eine Fortsetzung der internationalen Bemühungen um Senzows Freilassung. Die Verbündeten Kiews und internationale Organisationen müssten den „Druck auf Russland“ erhöhen, um Senzow und die anderen ukrainischen Gefangenen zu retten, schrieb Beza im Kurzbotschaftendienst Twitter.
In Tschechien kündigten unterdessen mehrere Filmemacher an, sich aus Solidarität mit Senzow seinem Hungerstreik anzuschließen. Der Dokumentarfilmer Vit Janecek sagte AFP, er werde zusammen mit sechs weiteren Filmemachern zunächst bis Samstag nichts essen. Er hofft zudem noch auf weitere Mitstreiter, die den Hungerstreik abwechselnd fortsetzen und „bis zu einer Lösung des Falls Senzow“ immer für fünf Tage keine Nahrung aufnehmen.