Sport in Tirol

Erst Klettern, dann Rad: Innsbruck rüstet sich für den WM-Monat

Sollte das Wetter beim Elite-Rennen der Herren, dem Höhepunkt der Straßenrad-WM in Tirol, mitspielen, gehen eindrucksvolle Bilder wie dieses um die Welt.
© EXPA/ Eisenbauer

Erst die Kletter-Weltmeisterschaft in Innsbruck, dann die der Straßenradfahrer im ganzen Land: Tirol blickt dem WM-Monat September entgegen, in dem es entgegen der Tradition nicht um Eis und Schnee geht.

Noch 15 Tage bis zur Kletter-WM

Von Max Ischia

Innsbruck — Es ist knapp nach 13 Uhr und Michael Schöpf klingt durchaus gelassen. „Der Eindruck täuscht", versichert der Macher der Kletter-WM im TT-Telefonat mit einem nicht zu überhörenden Lacher. Auf die Frage, welchem Organisationspuzzle er sich gerade widmet, meint der Oberländer: „Ich bin nur schnell ins Büro gefahren, um ein paar Druckdaten für Venue-Banner freizugeben." Konkret geht es um Drucksorten für diverse Zugänge an den drei WM-Veranstaltungsorten Kletterzentrum (Schauplatz der Qualifikationen), Olympiaworld (Halbfinale, Finale) und Marktplatz (Rahmenprogramm).

„Venue Manager“ Andreas Würtele und OK-Chef Michael Schöpf koordinieren die Arbeiten in der Olympiaworld.
© Ischia

Seit nunmehr einem Monat funktioniert Schöpf quasi im Ausnahmemodus. Der zweifache Familienvater versucht es zumindest. Ob er nun will oder nicht — um vier Uhr morgens (nachts?) quält sich der 36-Jährige in Mils bei Imst aus den Federn, um noch vor fünf an seinem Schreibtisch im Innsbrucker Kletterzentrum zu sitzen. Punkt für Punkt wird abgearbeitet, auf einer Liste, die nicht merklich kleiner zu werden scheint. Wie überhaupt dieser Tage alles ein wenig anders ist. Seit Montag läuft der Aufbau der Infrastruktur und der mobilen Wände in der Olympiaworld. Dort hat gewissermaßen „Venue Manager" Andreas Würtele das Sagen — und natürlich Schöpf, der gegen 15 Uhr mit kurzer Hose und T-Shirt um die Ecke biegt — natürlich telefonierend. Es läuft, wie es im Veranstalterjargon so schön heißt, alles nach Plan. Und doch vergeht kaum eine Viertelstunde, in der die Verantwortlichen nicht zum Improvisieren gezwungen sind. Schöpf bemüht in diesem Zusammenhang den Spruch eines seiner früheren HAK-Lehrer: „Planung ersetzt den Zufall durch den Irrtum." Was heißt, dass jede Reißbrett-Theorie von der Realität stets aufs Neue auf die Probe gestellt wird. Mit Blick auf das Stahlgerüst der Speed-Wand spricht Schöpf von Zentimeterarbeit. „Es ist sich von der Höhe der Hallendecke haarscharf ausgegangen."

Bis Freitag, ergänzt Würtele, werden die drei Wände (Speed, Boulder, Vorstieg) stehen. Mit Marktplatz und Kletterzentrum werden insgesamt 350 Tonnen Material verbaut — das sind mehr als 90.000 Einzelteile. Bis dahin, schmunzelt Schöpf mit Blick auf das benachbarte Roncalli-Zelt, hätte man seinen eigenen Zirkus. Ab 6. September sind dann die weltbesten Kletterartisten am Zug.

Die Kletter-WM in Zahlen

2: Nach 1994 ist Innsbruck zum zweiten Mal Schauplatz der Kletter-Weltmeisterschaft.

6: Unter den sechs mobilen Kletterwänden ragt die Vorstiegswand heraus: 15 m hoch, 12 m breit, 10,25 m Überhang, 36 Tonnen schwer.

11: Die Kletter-WM wird in 130 Ländern übertragen. 11 TV-Stationen übertragen live.

12: Sobald die WM-Wände stehen, machen sich zwölf nationale und internationale Routenbauer ans Werk.

288: Die WM wird organisatorisch von 288 Mitarbeitern und Freiwilligen getragen bzw. umgesetzt.

2000: Insgesamt stehen den Routenbauern rund 2000 Griffe im Wert von 120.000 Euro zur Verfügung.

2.800.000: Das Veranstaltungsbudget beläuft sich auf 2,8 Millionen Euro und ist ausfinanziert.

Noch 31 Tage bis zur Straßenrad-WM

Von Florian Madl

Innsbruck — Ein gutes Dutzend kleinerer Baumaßnahmen im Raum Innsbruck, eine Handvoll im Umland — die Streckenadaptierungen im Hinblick auf die Straßenrad-WM in einem Monat halten sich in Grenzen. Leute wie Josef Haselwanter von der Landes-Verkehrsabteilung führten schließlich schon im Februar 2016, also unmittelbar nach der WM-Vergabe, Vorgespräche. Mittlerweile sind die Verhandlungen mit den ca. 50 WM-Gemeinden abgeschlossen, demnächst geht der Veranstaltungsbescheid hinaus. „Ganz ohne Verkehrsbehinderungen wird es nicht gehen", weiß Haslwanter, der auf allerhand Informationskampagnen setzt. Selbst zarte Testläufe wurden bereits unternommen und Erfahrungswerte gesammelt, etwa beim Thaurer Mullerlauf oder beim Rad-Etappenrennen Tour of the Alps. Allerdings: „Eine WM ist eine ganz andere Liga." Schließlich dehnt sich der Zeitraum auf mehrere Tage aus, der Höhepunkt erfolgt am zweiten Wochenende (29./30. September). Sollten wirklich die erwarteten 400.000 bis 500.000 Zuschauer kommen, die meisten aus Italien und den Benelux-Ländern, dann verkommt ohnedies jede Generalprobe zur grauen Theorie.

Angetan haben sich die Verantwortlichen allerhand, um eine tolle WM zu organisieren. Musikalisch bereichern Culcha Candela, Seiler und Speer, Lost Frequencies oder Bonnie Tyler das Programm, daneben finden sich EXPO und Zuschauerveranstaltungen, um die WM auch wirklich erlebbar zu machen. Von einem Finanzdesaster geht man nicht aus, wenn auch das Budget zuletzt auf 13 Millionen Euro kletterte. Es gab in Tirol schon Teureres, was weniger Effekte hervorrief (u. a. Fußball-EM 2008). Dass die Rad-WM nach Dafürhalten von Landeshauptmann Günther Platter „unsere Position als Sportland festigt", können während der Rad-Weltmeisterschaft auch 250 Millionen Fernseh-Zuschauer in 150 Ländern miterleben. Und das Zahlenspiel lässt sich erweitern, denn nach der Rad-WM ist vor der Nordischen Ski-Weltmeisterschaft 2019 in Seefeld und Innsbruck. Dort erwarten die Verantwortlichen 250.000 Zuschauer.

Der WM-Höhepunkt am Schlusstag: das Eliterennen der Herren. Der Sieger wird nach über 260 Kilometern und knapp 5000 Höhenmetern sicher kein Sprint-Ass sein. Und sechs Österreicher wollen zumindest ein Wort an der Spitze mitreden.

Die Straßenrad-WM in Zahlen

3: Für Tirol ist es eine Premiere. Aber Österreich ist heuer nach 1987 (Villach) und 2006 (Salzburg) bereits zum dritten Mal Schauplatz.

28: Eigentlich ist der steilste Teil der Rad-WM ja die Höttinger „Höhl'", nicht die „Höll". Aber darauf verzichtete man: Wie übersetzt man das, um das 28 Prozent steile Teilstück Richtung Gramartboden martialisch zu schildern?

150: Rund 250 Mio. TV-Zuseher in 150 Ländern sollen die Veranstaltung zu sehen bekommen. Ein Doku-Film über Tirol sozusagen, der beim Elite-Rennen der Herren (30. 9.) seinen Höhepunkt erreicht.

1000: Noch ist die Nennfrist nicht abgelaufen, erwartet werden für die zwölf Bewerbe aber 1000 Athleten aus 90 Nationen und dazu 2000 Betreuer.

1500: Volunteers/Streckenposten sind bei der Rad-WM im Einsatz.

13.000.000: Das Veranstaltungsbudget beläuft sich auf 13 Millionen Euro.

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