Die Kunst, Hans Brenner zu sein
Heuer hätte Volksschauspieler „Brennerhansl“ seinen 80. Geburtstag gefeiert. Die Biografie von Martin Kolozs sucht den Menschen hinter dem Genie.
Von Alexandra Plank
Innsbruck –Was liegt näher, als dem „Brennerhansl“ zu seinem 80. Geburtstages, den der vor 20 Jahren Verstorbene heuer gefeiert hätte, eine Biografie zu widmen? Erstaunlich ist es also nicht, dass Martin Kolozs diese nun bei den Tiroler Volksschauspielen präsentiert, sondern, dass bisher noch keine umfassende Dokumentation des Lebens, Liebens und Schaffens des 1998 verstorbenen „Jahrhunderttalents“, so Freunde wie Kritiker, existiert.
Dabei hat die Einordnung des überzeugten Koatlacklers unter die Großen seines Faches schon zu Lebzeiten stattgefunden. Als er mit 59 Jahren von der Bühne des Lebens abtrat, war er nicht nur eine fixe Größe der Tiroler Volksschauspiele, sondern auch in Deutschland ein Star. „Er konnte entfesselte Clowns spielen und finstere Schurken, doch am meisten lag ihm das kompliziertere Fach des sanften Grobians“, schrieb Der Spiegel im Nachruf.
Brenner absolvierte die Schauspielausbildung in Salzburg und reüssierte rasch an deutschen Theatern in Heidelberg, Göttingen, Berlin und München. Auch in der Fremde sei er ein „Tiroler Kraftkerl“, geblieben, befand das deutsche Nachrichtenmagazin. Im Fernsehen wie auf der Bühne habe er noch den schlichtesten Figuren das Temperament eines wilden Gemütsmenschen verliehen. Auch im Privaten habe er als schwer zu bändigender, kluger und empfindsamer Hallodri gegolten. Brenner setzte sowohl als Theater- als auch Filmschauspieler Maßstäbe. Für seine letzte große Fernsehrolle, die Darstellung des von RAF-Terroristen ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Schleyer in „Todesspiel“ (1997), erhielt er viel Lob. Brenner starb am 4. September 1998 in München an Krebs. Die Biografie von Kolozs lässt darauf schließen, dass er bis zuletzt nicht wissen wollte, wie es um ihn stand.
Der Autor und Verleger hat zwei Jahre an dem Buch gearbeitet. Obwohl die Familienkonstellation unübersichtlich war, fünf Kinder von drei Frauen, konnte Kolozs das Vertrauen der Nachkommen gewinnen und manches Schlaglicht auf den „Papa“ einfangen. Auch Weggefährten wie Julia Gschnitzer, Felix Mitterer, Markus Völlenklee oder Wendelin Weingartner fügen Puzzleteile zum Bild des Urschauspielers. Der Leser schmunzelt, wenn Stephanie Brenner, Tochter von Brenner und Susanne Kappeler, erzählt, wie er mit ihr in München zum Feinkost Käfer ging, groß einkaufte, um lauthals zu erklären: „Jo, i weiß, des is hier sauteia, sauteia!“
Die Mimin erklärt, ihr Papa habe sich zeitlebens dagegen gesträubt, sich lieben zu lassen. Trotz Trennung sei er immer für sie und ihre zwei Schwestern aufgekommen. Erstmals macht Kolozs auch die Briefe von Susanne an ihren Mann öffentlich. Sie zeigen eine tiefe Beziehung von zwei Menschen, die sich als „Mädilein“ und „Bub“ liebkosten und doch nicht miteinander konnten. Susanne hat ihren „Bub“ immer bestärkt, das wird deutlich: „Du bist deshalb eine so starke Persönlichkeit, weil du gar nichts sein willst, als du selber, (...) und so voller Demut das bist und das lebst, was du bist (...)“, schreibt sie ihm. Der Bruch kam mit der 68er-Bewegung. Brenner eröffnete Susanne 1969, dass er mit Ruth Drexel und anderen eine Kommune in Feldkirchen bei München gründen wollte. Die Idee war für Leute, die nicht ins Theater gehen, Theater zu spielen. Susanne zog mit den Töchtern in die Kommune. Schauspielerisch war das gemeinsame Leben ergiebig. Da Brenner neben seiner Frau Liebschaften mit Drexel und Monica Bleibtreu pflegte, erlitt die Kommune aber Schlagseite. Als 1971 im Abstand von fünf Wochen Susanne Brenner und Monica Bleibtreu ein Kind von Hans bekamen, war das Experiment vorbei. Monica Bleibtreu zog mit Sohn Moritz aus, Susanne ging mit den Kindern nach Augsburg. 1976 wurde die Kommune aufgelöst, ein Jahr zuvor waren Drexel und Brenner Eltern von Cäcilia geworden. Interessanterweise bot das Paar „Cilli“ ein sehr bürgerliches Leben.
Im Buch kommt auch Moritz Bleibtreu zu Wort, der sich am Totenbett mit seinem Vater versöhnte. Anna Therese Brenner, jüngste Tochter mit Susanne, beschreibt ihren Vater als schwer fassbar, aber sehr humorvoll, verspielt, kraftvoll und nachdenklich. Die lesenswerte Biografie, deren größter Fehler ist, dass sie nicht umfangreicher ausfiel, zeigt, was Menschen ausmacht: „Unter den Menschen und Borsdorfer Äpfeln sind nicht die glatten die besten, sondern die rauhen mit einigen Warzen.“ (Jean Paul). Oder um Brenner zu zitieren: „Gut machen, wenn nicht gut sein, dann wird’s hoffentlich gut ausgehen.“
Biographie. Martin Kolozs: Hans Brenner „ … vielleicht bin ich wirklich so“, Universitätsverlag Wagner, 120 Seiten, 19,90 Euro. Präsentation: Dienstag, 28. August, 19.30 Uhr, Kranewitter Stadl, Telfs. Alle Infos: www.volksschauspiele.at.