Kunst

Das Chaos zur Kunstform erhoben

Feine Arrangements, die nach Chaos aussehen. In Sapountzis’ Ausstellung muss sich jeder selbst orientieren lernen.
© Sprengel Museum Hannover

Zuerst in Unordnung bringen, um Ordnung zu schaffen. Das ist das Motto von Yorgos Sapountzis’ Schau in Meran.

Meran –Eine höhere Ordnung in diesem Chaos zu finden, ist zunächst schwer. Und doch stellt sich nach einigem Hinsehen ein gewisses System ein. Immer wieder ähnliches Material: Leintücher, auf denen Fotos gedruckt sind, Figuren, Stoffe werden in der Einzelausstellung von Yorgos Sapountzis im Museum Kunstmeran zu raumfüllenden Arrangements.

Der in Berlin lebende Grieche, der vergangenes Jahr u. a. auf der documenta 14 sowie auf der Biennale in Venedig zu sehen war (in Innsbruck zuletzt 2011 mit einer Prozession durch die Stadt im Rahmen der „perform­IC“), schuf für seine Ausstellung im Passerstädtchen eine neue, ortsspezifische Installation. Unter der kuratorischen Leitung von Christiane Rekade entstand mit „Michsich Hotel“ ein neuer Zugang zu öffentlichen bzw. semiöffentlichen Plätzen von Meran.

Als Musterbeispiel für halb­öffentliche Orte verwendet Sapountzis das Hotelzimmer. Hier verwachsen kollektive Erinnerung und persönliche Erlebnisse miteinander. Ähnliche Umstände wie in einem Atelier oder Museum. Dafür bringt der Künstler Material mit in den Ausstellungsraum, das er direkt Meraner Hotels bzw. dem eigenen Atelier entnahm. Daraus wuchs eine über zwei Stockwerke sich ausbreitende Installation, die Objekte zur Szene drapiert. Einen Einstieg zu finden, wird sicher so manchem Besucher schwerfallen. Vielleicht hilft dabei ein ikonisches Werk der jüngsten Kunstgeschichte: Das ungemachte (Hotel-)Bett in Sapountzis Schau erinnert an Tracey Enims „My bed“ (1998); die Privatheit, die die Künstlerin noch öffentlich zur Schau stellte, wird hier relativiert durch eine immer wechselnde, eben halb­öffentliche Privatheit, die uns alle betrifft. Reisen, Mobilität, Migration spielen hier als Themen unweigerlich herein. Bestechend schön, dass sich auch die Szenen ständig im Wandel befinden – zu sehen im Stock-Motion-Video im ersten Stock. Das weiterführt in die totale Öffentlichkeit, einem Video zu den Plätzen Merans. Auch hier sind die Bilder collagiert und wild zusammengewürfelt. Chaotisch schön. (bunt)

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