Liberale Imamin Seyran Ates brachte Asylwerbern westliche Werte näher
Die Aktivistin war bei einem Orientierungskurs für Flüchtlinge in Innsbruck zu Gast.
Innsbruck –Die 37-jährige Jara Kat lebt seit zweieinhalb Jahren in Österreich. Nachdem die ehemalige Journalistin wegen ihrer Arbeit eingesperrt wurde, floh sie aus Syrien. Für sie ist es schwierig, mit den westlichen Werten klarzukommen, wie sie sagt. „Nicht, weil ich sie schlecht finde, sondern weil ich mit vielen mir bisher unbekannten Themen konfrontiert werde.“
Um sich leichter in der neuen Umgebung zurechtzufinden, besuchte sie gestern einen Werte- und Orientierungskurs, organisiert vom Österreichischen Integrationsfonds. Und hörte als einer von 18 Teilnehmern einem besonderen Gast zu: Seyran Ates. Die deutsche Frauenrechtlerin und Mitbegründerin einer liberalen Moschee in Berlin weiß als gebürtige Türkin, wie Menschen sich fühlen, wenn sie in ein neues Land kommen. Und so konnte sie den Teilnehmern von ihren eigenen Erfahrungen berichten. Auch sie habe es am Anfang nicht leicht gehabt und sei mit Ausgrenzung und Rassissmus konfrontiert gewesen. Aber am wichtigsten sei es zu erkennen, dass es auch viele Leute gibt, die einen als Mensch sehen und unterstützen.
Die Teilnehmer aus Syrien, Ägypten, Somalia, Jemen und dem Irak hörten ihr gespannt zu. Ein Dolmetscher übersetzte ins Arabische. Für viele war es der erste Kurs, den sie in Österreich besuchten. In der Früh stand Geografie auf dem Programm, gegen Mittag wurden Gesetze besprochen. Auch zu diesem Thema konnte Ates viel sagen, setzt sie sich doch in ihrem Brotberuf als Anwältin seit vielen Jahren für Frauenrechte ein. „Sie brauchen sich vor unserem Rechtsstaat nicht zu fürchten, er will Ihre Kultur oder Religion nicht zerstören, sondern macht es Ihnen erst möglich, diese hier frei auszuleben“, erklärte sie.
Selbstbestimmung müsse den Asylwerbern nähergebracht werden, meinte Ates. Denn nur so würden sie die hier herrschende Wertevorstellung verstehen. Die Eingewöhnung könne dauern. Bei manchen klappe es nie. Auf der anderen Seite gebe es aber auch Europäer, die mit den eigenen Werten genauso nicht klarkommen. (win)