Von Start-ups und Migrationschancen: Merkel besucht Westafrika

Berlin/Accra/Dakar (APA/AFP) - Wirtschaftlich interessant, demokratisch regiert und in Westafrika für Stabilität und Sicherheit engagiert: D...

Berlin/Accra/Dakar (APA/AFP) - Wirtschaftlich interessant, demokratisch regiert und in Westafrika für Stabilität und Sicherheit engagiert: Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel besucht ab Mittwoch auf ihrer dreitägigen Afrika-Reise mit Senegal, Ghana und Nigeria drei Staaten, die für die deutsche Regierung wichtige Ansprechpartner sind und bleiben sollen. Denn sich ausbreitender Islamismus, der erwartete Bevölkerungszuwachs und die damit verbundenen Fragen der sozialen Sicherheit und der Migration lasten auf den Entwicklungschancen der drei westafrikanischen Länder.

„Alle drei Länder stehen vor sehr großen Herausforderungen bei der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung“, hieß es am Dienstag in Berlin aus deutschen Regierungskreisen. Sie müssten ihr Wirtschaftswachstum verstetigen und derart gestalten, dass alle Bürger davon profitieren, was derzeit „noch nicht überall“ der Fall sei. „Und es geht um die große Herausforderung, das Wachstum so zu stärken, dass es nicht aufgefressen wird von der demografischen Entwicklung.“

Merkel legte in den vergangen Jahren großes Augenmerk auf den Nachbarkontinent: Denn einerseits spielen die Länder Afrikas eine entscheidende Rolle in der Migrationsfrage, entweder als Herkunftsstaaten oder Transitländer des Flüchtlingstrecks Richtung Europa. Andererseits bergen die oft rohstoffreichen Staaten mit ihren jungen und wachsenden Gesellschaften ein enormes wirtschaftliches Potenzial.

Davon könne das „Exportland Deutschland“ profitieren, sagte Merkel am Wochenende. Auch andere haben die wirtschaftlichen Chancen Afrikas längst erkannt: China zählt zu den stärksten Handelspartnern der drei Staaten auf der Reiseroute der Kanzlerin. Und die britische Premierministerin Theresa May kündigte am Dienstag bei einem Besuch im südafrikanischen Kapstadt an, ihr Land wolle bis zum Jahr 2022 der größte Afrika-Investor der wichtigen Industrienationen (G-7) werden.

Senegal, Ghana und Nigeria sind wichtige Mitglieder der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS): Senegal registriert ein Wirtschaftswachstum von rund sieben Prozent, was in den kommenden Jahren Prognosen zufolge so bleiben soll. In Ghana ist die Lage ähnlich, das Land wird als „Stabilitätsanker“ in der Region betrachtet.

Das ölfördernde Nigeria mit seinen mehr als 190 Millionen Einwohnern ist die zweitgrößte Volkswirtschaft Afrikas, litt allerdings zuletzt unter wirtschaftlichen Problemen aufgrund des eingebrochenen Ölpreises. Zudem treibt die Islamistengruppe Boko Haram im Norden des Landes ihr Unwesen und kämpft dort für die Errichtung eines islamischen Gottesstaats. Dennoch ist das Land nach Südafrika für Deutschland der zweitwichtigste Handelspartner im Afrika südlich der Sahara.

Welche wirtschaftlichen Chancen die Region aus deutscher Sicht bietet, lässt sich an der Planung der Merkel-Reise erkennen: Die Kanzlerin wird nicht nur von einem knappen Dutzend deutscher Unternehmer begleitet, das Programm räumt Gesprächen mit Wirtschaftsvertretern viel Raum ein. In Ghana besucht Merkel etwa ein Start-up-Zentrum, in Nigerias Hauptstadt Abuja trifft sie den Präsidenten der ECOWAS-Kommission Jean-Claude Brou.

Das Bemühen um enge wirtschaftliche Beziehungen folgt auch dem Gedanken, die Länder dauerhaft zu stabilisieren - und der dortigen Jugend so eine Perspektive jenseits der Flucht nach Europa zu ermöglichen. Senegalesen, Ghanaer und Nigerianer gehören zu den in Europa ankommenden Migranten, obwohl sie kaum Chancen auf Asyl haben. Im Juli stellten fast 950 Nigerianer einen Asylantrag in Deutschland, das Land lag damit auf dem fünften Platz der Statistik.

Für Senegal, Ghana und Nigeria müsse es nun gelingen, „die Menschen noch stärker davon abzuhalten, sich auf illegale Weise und für sie extrem gefährliche Weise auf den Weg nach Europa zu machen“, heißt es aus Kreisen der deutschen Regierung. Stattdessen müsse ein System der legalen Migration geschaffen werden, damit junge Afrikaner etwa zum Studieren nach Europa kommen und dann gut ausgebildet in ihre Heimatstaaten zurückkehren können.