Champions League

CL-Traum platzte in 77 Sekunden: „Wir werden wieder aufstehen“

Zwei Tore von Munas Dabbur waren zu wenig. Salzburg verpasste auch im elften Anlauf die Fußball-Königsklasse.
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2:0 geführt, am Ende wieder als bessere Mannschaft draußen. Doch trotz des erneut schmerzhaften CL-Play-off-Abends dachte bei Salzburg niemand daran, in Selbstmitleid zu versinken.

Salzburg – Marco Rose glaubt nicht an Flüche. Erst bei zwei von seit Mittwoch elf gescheiterten Anläufen der Red-Bull-Ära auf die Champions League war der Salzburg-Trainer dabei. Auf den Deutschen wartet in den kommenden Wochen die Mammutaufgabe, die Mannschaft aufzurichten und auf neue Ziele vorzubereiten. Er begann damit noch unmittelbar nach dem niederschmetternden 2:2 gegen Roter Stern Belgrad.

Die Salzburger waren wieder einmal als bessere Mannschaft gescheitert. „Es ist eine besondere Geschichte“, meinte Rose. „Ich habe das Gefühl, dass da irgendetwas auf uns wartet, etwas Großes.“ Österreichs Meister der laufenden Saison ist nächstes Jahr für die Gruppenphase der Champions League gesetzt, sofern sich der CL-Sieger über die nationale Liga qualifiziert hat. Zumindest auf diesem Weg wollen die Bullen 2019 endlich die Königsklasse erreichen.

Rose: „Verantwortung für diesen coolen Haufen“

Rose erinnerte an seine Spielerkarriere, als mit Mainz ebenfalls erst nach mehreren Anläufen der Aufstieg in die deutsche Bundesliga gelang. Und er betonte in einer der bittersten Stunden mehrfach, wie gerne er in Salzburg arbeitet. „Ich habe die Verantwortung für diesen coolen Haufen hier“, sagte der 41-Jährige. „Ich fühle mich sofort in der Pflicht als Trainer dieser Mannschaft, die Leute wieder mitzunehmen und neue Ziele anzugehen.“

Am Sonntag (17.00 Uhr) wartet in der Bundesliga ein Heimspiel gegen die Admira, danach geht es in die Länderspielpause. „Natürlich schmerzt es, aber wir werden weitergehen“, erklärte Rose. „Wir werden sicher wieder aufstehen. Aber man muss uns vielleicht ein, zwei Tage geben, um wieder aufzustehen nach so einem Brett. Die Mannschaft hätte es verdient, in die Champions-League-Gruppenphase zu kommen.“ Das ist in Salzburg weiterhin nur dem Vorgänger-Verein SV Austria Salzburg 1994 gelungen.

Rose stellte sich vor seine Mannschaft - auch vor Youngster Hannes Wolf, der vor dem 1:2 einen folgenschweren Ballverlust begangen hatte. Die Salzburger verloren daraufhin trotz Führung kurzfristig Ruhe und Organisation, verstrickten sich in Diskussionen. Der letztlich entscheidende Ausgleich nur 77 Sekunden später war die Folge.

Während bei Salzburg die Köpfe hingen, feierten die Belgrader Kicker den erstmaligen Einzug in die CL-Gruppenphase.
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„Das ist eine ganz bittere Erfahrung“, meinte Rose nach dem Selbstfaller. Die Frage nach dem Warum konnte er nicht wirklich beantworten. „Die zwei Tore hätten wir besser verteidigen müssen. Ansonsten bringt es nichts, sich in irgendwelchen Dingen zu verstricken.“

Freund: „Jetzt müssen wir damit leben“

Schuldzuweisungen gab es keine. Verein und Mannschaft hätten alles für das große Ziel getan, betonte Salzburgs Sportdirektor Christoph Freund. „Wir haben uns in der Kabine die Frage gestellt, was wir noch mehr hätten tun können, und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Mannschaft eindeutig reif gewesen wäre.“ Sie sei die klar bessere Mannschaft gewesen, schien gut im Spiel - umso bitterer sei das Aus.

„Jetzt müssen wir damit leben“, sagte Freund. „Jeder muss mit dem jetzt umgehen können. Viele haben es schon öfters mitgemacht.“ Einen möglichen Champions-League-Fluch habe man intern aber zu keinem Zeitpunkt thematisiert. „Wir sind im Hier und Jetzt, da gibt es nur völlige Leere und völlige Enttäuschung.“

Mit hängenden Köpfen verließen die Akteure kurz nach Mitternacht die Red Bull Arena. „Wir werden uns jetzt schütteln und wieder aufstehen. Der Verein Red Bull Salzburg ist sehr gut aufgestellt“, erinnerte Freund. Kurzfristige Abgänge vor Transferschluss am Freitag befürchtet er nach dem CL-Aus nicht. „Wir haben eine Vereinbarung getroffen, dass wir zusammenbleiben. Wir werden wieder zurückkommen.“

Der Jahresumsatz von Österreichs Serienmeister liegt längst bei jenseits der 100 Millionen Euro. Die Geldtöpfe der Champions League bleiben für ihn vorerst aber weiter verschlossen. Mehreinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe hätte die Königsklasse gegenüber der Europa League gebracht, mit der die Bullen nun erneut vorlieb nehmen müssen. In der Vorsaison hatten sie dort das Halbfinale erreicht - eine hohe Messlatte. Die Gruppenauslosung steigt Freitagmittag (13.00 Uhr) in Monaco. (APA)

Serbische Pressestimmen zum CL-Quali-Play-off

Politika: Roter Stern in der Champions League. Im dramatischen Play-off gegen Salzburg hat sich Serbiens Tabellenführer zum größten Club-Erfolg der vergangenen 26 Jahren erhoben. Die Geschichte ist mit viel Glück - Salzburg hätte auch noch überzeugender und verdient führen können - geschrieben worden, da es galt, eine Antwort auf den Favoriten zu finden, der auf seinem Terrain eine ganze Stunden lang dominierte und nach 48 Minuten 2:0 führte.

Sportski zurnal (Sportzeitung):

Der Europacupsieger von 1991 hat es zum ersten Mal in die Gruppenphase des elitären europäischen Wettbewerbes geschafft, seit er in diesem Format gespielt wird. Mit einem der größten Comebacks der Club-Geschichte - von 0:2 auf 2:2 in nur einer Spielminute - ist den Reichen aus Salzburg der Schranken heruntergelassen worden. Das Herz des Riesen des Weltfußballs hat gesiegt.

Blic:

Der Himmel hat sich geöffnet. Nach 26 Jahren wurde der Traum erfüllt. Mit einem magischen Spiel hat Roter Stern mit Salzburg remisiert. In den ersten 45 Minuten hat Salzburg den Roten Stern wie keiner seit der Amtsübernahme von (Trainer) Vladan Milojevic überzeugend dominiert.

Vecernje novosti:

Blitzkrieg von Roter Stern für die Champions League. Vom Abgrund in die Champions League. Roter Stern ist in Salzburg von der Hölle in die Champions League gekommen und hat den Traum vieler Generationen erfüllt. In fantastischer Stimmung überspielte Salzburg den Roten Stern wie kaum ein Club davor und führte in der 48. Minute mit 2:0, allerdings hatten sie nicht damit gerechnet, dass diese Generation des serbischen Tabellenführers zwei Herzen, vier Lungenflügel, einen unzerbrechlichen Geist und viel Glück hat! Roter Stern kehrt nach 1992 auf die Landkarte Europas zurück.

Danas:

Ben hat die Tür zur Champions League geöffnet. Über Dornen zur Champions League. Die Rot-Weißen befanden sich in der 65. Minute am Rande des Abgrundes, dann haben Ben und Degenek für ein neues Fußball-Wunder ähnlich jenem gesorgt, das zuletzt 1991 im Halbfinale des Meistercups gegen Bayern zu sehen war. Roter Stern hat Salzburg nicht überspielt, sondern überlistet - nicht taktisch, wie in Belgrad, sondern spitzbübisch.

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