Direktorin, Regisseurin, Pionierin: Theaterfrau Emmy Werner wird 80

Wien (APA) - „Lauter Emmis“ hieß 1984 eines der ersten Frauenkabaretts im von Emmy Werner geleiteten Theater Drachengasse, eine freche, selb...

Wien (APA) - „Lauter Emmis“ hieß 1984 eines der ersten Frauenkabaretts im von Emmy Werner geleiteten Theater Drachengasse, eine freche, selbstbewusste und erfolgreiche Unternehmung, mit der vielen Frauen Mut gemacht wurde. Emmy Werner war in vieler Hinsicht eine Wegbereiterin. Am Donnerstag (13. September) feiert die Wiener Schauspielerin, Regisseurin und langjährige Theaterleiterin 80. Geburtstag.

Der Titel „Lauter Emmis“ spielte natürlich auf den Kampfbegriff „Emanzen“ an. Emmy Werners „Nachbetrachtung“ auf ihr bisheriges Leben und Wirken, die am Mittwoch in dem von ihr gegründeten und heute von Beate Platzgummer und Katrin Schurich geleiteten Theater Drachengasse präsentiert wird, verweist dagegen im Titel auf Christian Morgensterns Möwenlied: „Die Möwen sehen alle aus, als ob sie Emma hießen.“ In ihrem Buch, weniger ein Nacherzählen ihrer Theaterkarriere als ein Nachdenken über Frauenleben heute, betont sie zwar: „E. war ja keine klassische Emanze“, doch beweist gleichzeitig, dass sie keineswegs Altersmilde kennt. Und auch im APA-Interview fasst sie die Missbrauchsdebatte bewusst weit: „Jede Art von Anmaßung ist Missbrauch.“

Emmy Werner wurde am 13. September 1938 in Wien in eine künstlerische Familie hineingeboren. Großvater Eduard Prandl zeichnete als Architekt u.a. für den Bau des Johann-Strauß-Theaters, des späteren Scala-Theaters, verantwortlich, ihre Großmutter Emma war Artistin. Ihr Vater Hans Werner (1898-1980) hatte sich als Schriftsteller und Textautor von Wienerliedern einen Namen gemacht, und die Mutter trat als Tänzerin an der Wiener Volksoper auf. Ihre Schauspielausbildung absolvierte Werner in den Jahren 1957 bis 1959 bei Otto Kerry, Maria Luise Rainer und Eduard Volters. 1959 heiratete sie den Schauspieler und Regisseur Georg Lhotzky, die Ehe wurde 1974 geschieden, ihr entstammt der gemeinsame Sohn Alexander, der ebenfalls Schauspieler wurde und 2016 im Alter von 56 Jahren starb.

Ihre Karriere als Schauspielerin begann Emmy Werner am Theater der Jugend. Es folgten Engagements an der Josefstadt und am Volkstheater sowie diverse Hörfunk- und Fernsehauftritte. Nachdem sie einige Zeit gemeinsam mit Stella Kadmon das Theater der Courage geleitet hatte, gründete Werner in der Spielzeit 1979/80 mit erheblicher finanzieller Eigenleistung das Theater in der Drachengasse und entwickelte es in den folgenden Jahren zu einer neuen Adresse für avanciertes zeitgenössisches Theater. 1984 wurde der Drachengasse als zweiter Spielort der Raum Courage angeschlossen.

1987 war für sie dort „der Plafond erreicht“, schreibt sie in ihrem Buch. „Sie wollte wieder eine Rolle vorwärts machen und spielte damals sogar mit dem Gedanken, sich für ein Landestheater zu bewerben.“ Doch am Volkstheater suchte man dringend eine Nachfolge für den scheidenden Direktor Paul Blaha. Wie sie die entscheidenden Gespräche wahrnahm, und wie Bürgermeister Helmut Zilk sie mit einem „Alles Gute, Frau Direktor!“ verabschiedete, ist in ihren Erinnerungen ebenfalls nachzulesen. Am 1. September 1988 übernahm Emmy Werner die künstlerische Leitung des Volkstheaters - als Pionierin im deutschsprachigen Raum.

Sie etablierte das Volkstheater als Ort der Pflege der österreichischen „Klassiker“ Grillparzer, Nestroy und Raimund und als Bühne für zeitgenössische Dramatik. Stücke von Gustav Ernst, Elfriede Jelinek, Peter Turrini, Franzobel, Marlene Streeruwitz und Gert Jonke wurden hier uraufgeführt oder nachgespielt. Ein besonderes Augenmerk legte sie auf Frauenthemen, mit denen sie traditionell in die Saison startete. 200 Premieren hatte Werner in ihren 17 Saisonen allein im großen Haus zu verantworten, regelmäßig war sie dabei selbst als Regisseurin tätig, etwa bei Bahrs „Das Konzert“ (2004), Horvaths „Don Juan kommt aus dem Krieg“ (2003), „Lumpazivagabundus“ (1999) oder Jelineks „Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte“, wofür sie 1993 den Skraup-Preis für Regie erhielt.

Mit Ende der Saison 2004/2005 verabschiedete sie sich mit einem langen „Feierabend“ und erhielt die Ehrenmitgliedschaft des Hauses sowie das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien. Das Buch „Der eigene Blick - Das Volkstheater Wien 1988-2005“ hat die künstlerischen Leistungen ihrer Direktion festgehalten.

Danach zog sich Emmy Werner weitgehend aus dem künstlerischen Leben zurück. Mit Inszenierungen des „Bettelstudenten“ in Linz, Klagenfurt und München konnte sie endlich ihre Liebe zum Musiktheater ausleben, „Der Bockerer“ (2007) am Landestheater Niederösterreich und „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ (2017) in Gutenstein waren noch einmal Ausflüge zum Sprechtheater. Die leidenschaftliche Theaterfrau Emmy Werner braucht das Theater nicht mehr unbedingt zum Leben. Doch sag niemals nie. „Es müsste aber schon etwas ganz Besonderes kommen“, sagt sie.

(S E R V I C E - Emmy Werner: „... als ob sie Emma hießen. Eine Nachbetrachtung“, Residenz Verlag, 320 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, 26 Euro, ISBN: 978-3-7017-3458-0; Präsentation am 12.9., 18 Uhr, Theater in der Drachengasse, Wien 1, Drachengasse 2)

(B I L D A V I S O – Bilder von Emmy Werner sind im AOM abrufbar.)