Ex-Regierungsmitglied: Gegenwind für Mays Brexit-Pläne
London (APA/Reuters) - Unter Großbritanniens Konservativen wächst nach Einschätzung eines ehemaligen Regierungsmitglieds der Widerstand gege...
London (APA/Reuters) - Unter Großbritanniens Konservativen wächst nach Einschätzung eines ehemaligen Regierungsmitglieds der Widerstand gegen die Brexit-Pläne von Parteichefin Theresa May. Mindestens 80 der 315 konservativen Parlamentsabgeordneten seien zu einem Votum gegen Mays Vorhaben bereit, sagte der frühere Brexit-Staatssekretär Steve Baker laut einem Montag veröffentlichten Bericht der Agentur Press Association.
Andere Konservative waren bisher von weniger Abtrünnigen ausgegangen. Knapp drei Wochen vor dem Parteitag der Tories warnte er May vor massiven Problemen bei dem Treffen. Baker gehört zum Lager der Brexit-Hardliner um Ex-Außenminister Boris Johnson. Beide waren aus Protest gegen Mays Pläne zurückgetreten.
Baker erklärte, er setze sich zwar nicht für einen Wechsel an der Parteispitze ein. Wenn May aber darauf baue, ihre Pläne im Parlament mit den Stimmen der gegnerischen Labour-Partei durchzusetzen, riskiere sie eine „katastrophale Spaltung“ der Tories. „Wenn ich die Stimmung unter den Kollegen und die Stimmung in der konservativen Partei im ganzen Land betrachte, bin ich ernsthaft besorgt um die Zukunft unserer Partei.“ Die öffentliche Kritik zeigt, wie schwer May es bei dem Parteitag vom 30. September bis 3. Oktober haben dürfte, die Konservativen auf ihre Linie einzuschwören.
Bakers Äußerungen folgen unmittelbar auf die ungewöhnlich scharfe Kritik Johnsons an Mays Brexit-Vorhaben. Mays Plan lege der britischen Verfassung eine „Sprengstoffweste“ um und den Auslöser in die Hand von EU-Verhandlungsführer Michel Barnier, schrieb der frühere Außenminister in der „Mail on Sunday“. Auch Baker verwies auf das Signal an Brüssel, das eine bisher bei allen Brexit-Querelen vermiedene Spaltung der Tories in Brüssel wäre. Streit über das Verhältnis der Briten zur EU hat schon zum Scheitern von drei konservativen Premierministern beigetragen: David Cameron, John Major und Margaret Thatcher.
Nach dem Brexit-Votum soll Großbritannien die EU zum 29. März 2019 verlassen, doch die Bedingungen sind bisher weitgehend offen. Der nach dem Regierungs-Landsitz Chequers benannte Plan von May sieht einen wirtschaftsfreundlichen Brexit-Kurs vor. Dazu gehört die Schaffung einer Freihandelszone mit der EU für Güter sowie weiter enge Beziehungen zur EU.
May hoffe im Parlament auf Unterstützung für ihr Vorhaben, sagte ein Sprecher der Premierministerin am Donnerstag. Der Chequers-Plan sei derzeit die einzige Option, betonte er.
Gegner des Vorhabens führen zur Begründung an, dass mit Mays Plan Teile der britischen Wirtschaft weiterhin von Brüssel festgelegten Regeln unterworfen wären. Sollten das Parlament die Zustimmung nach einer Einigung Mays mit der EU verweigern, droht ein Brexit ohne Folgevereinbarungen für die Beziehungen zur verbleibenden Staatengemeinschaft. Zur Vorbereitung eines solchen „No-Deal-Szenarios“ kommt dem May-Sprecher zufolge das Kabinett am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammen.