Mordverdächtiger Iraker hätte Haftstrafe anzutreten gehabt
Wien (APA) - Ein 40-jähriger Mann, der am Samstagabend in Wien-Leopoldstadt seine 50 Jahre alte Freundin erstochen haben soll, hätte zum Tat...
Wien (APA) - Ein 40-jähriger Mann, der am Samstagabend in Wien-Leopoldstadt seine 50 Jahre alte Freundin erstochen haben soll, hätte zum Tatzeitpunkt eine Haftstrafe von neun Monaten anzutreten bzw. abzusitzen gehabt. Einen entsprechenden Beschluss hatte das Wiener Oberlandesgericht (OLG) am 24. Juli getroffen, bestätigten Recherchen der APA einen Bericht des Gratis-Blatts „Heute“ (Montagausgabe).
Am 31. Juli wurden dem Wahlverteidiger des Mannes sowie der Justizanstalt Wien-Simmering, wo der Iraker „einrücken“ hätte sollen, der OLG-Beschluss zugestellt. Für Philipp Wolm, den Rechtsvertreter des 40-Jährigen, war sein Mandant aber nicht mehr greifbar. „Er war weder an seiner Adresse noch telefonisch zu erreichen“, schilderte Wolm im Gespräch mit der APA. Der 40-Jährige zog es offenbar vor unterzutauchen.
Der mittlerweile Mordverdächtige war am 16. August 2017 vom Wiener Landesgericht für Strafsachen wegen schwerer Körperverletzung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Sachbeschädigung zu neun Monaten unbedingter Haft verurteilt worden. Nachdem das Wiener Oberlandesgericht das Urteil bestätigt hatte, wurde dem Mann am 26. Jänner die Aufforderung zum Strafantritt zugestellt. In weiterer Folge ersuchte dieser um einen Haftaufschub wegen behaupteter Vollzugsuntauglichkeit, wobei sich das Vorbringen auf ein Gutachten eines bekannten Facharztes für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie stützte, der sich für einen Haftaufschub von zumindest einem halben Jahr wegen einer „floriden psychiatrischen Erkrankung“ aussprach.
Die von der Justiz beigezogene psychiatrische Sachverständige Sigrun Rossmanith kam allerdings zum Schluss, dass die von ihrem Kollegen gestellten Diagnosen - eine mittel- bis schwergradige depressive Episode, eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine Angst- und Panikstörung -“aktuell nicht festzustellen“ seien, wie es in ihrer Expertise hieß. Aus psychiatrischer Sicht lägen die medizinischen Voraussetzungen der Strafvollzugstauglichkeit vor, wobei sich Rossmanith aber dafür aussprach, den Mann in einer Vollzugsanstalt mit einer angeschlossenen Krankenanstalt unterzubringen, um diesem im Falle einer psychischen Krise rasche ärztliche Hilfe und eine bedarfsgerechte Medikation zukommen lassen zu können.
Das Landesgericht für Strafsachen wies aufgrund von Rossmaniths Ausführungen am 11. Mai den Antrag auf Strafaufschub ab. Dagegen legte der Iraker Beschwerde ein. Diese schmetterte das OLG am 24. Juli ab. Rossmaniths Gutachten sei „schlüssig und nachvollziehbar begründet“, eine Vollzugsuntauglichkeit liege demnach nicht vor, heißt es in dem sechsseitigen OLG-Beschluss, der der APA vorliegt.
Der 40-Jährige sollte Montagnachmittag aus dem Polizeigewahrsam in die Justizanstalt Josefstadt überstellt werden. Weitere Einvernahmen durch die Ermittler waren nicht geplant. Der gebürtige Iraker hatte in den Verhören geschwiegen bzw. keine Angaben zur Tat gemacht. Diese soll sich am Samstag gegen 18.45 Uhr in der Leopoldstadt zugetragen haben. Der Mann soll der 50-Jährigen mit einem Messer zumindest einen Stich in den Hals versetzt haben. Nicht geklärt ist allerdings, ob die Tatwaffe von der Polizei überhaupt sichergestellt werden konnte. Auf eine diesbezügliche Frage der APA machte Polizeisprecher Paul Eidenberger keine eindeutigen Angaben. Demgegenüber bestätigte Eidenberger, dass der Verdächtige am Samstagabend um 20.30 Uhr in einem Lokal in der Quellenstraße in Favoriten von WEGA-Beamten festgenommen wurde, als er sich gerade etwas zu essen bestellt hatte.