Europäische Pressestimmen zur schwedischen Parlamentswahl
Stockholm (APA/dpa) - Europäische Zeitungen kommentieren den Ausgang der Parlamentswahl in Schweden:...
Stockholm (APA/dpa) - Europäische Zeitungen kommentieren den Ausgang der Parlamentswahl in Schweden:
„de Volkskrant“ (Amsterdam):
„In der Ära der Globalisierung wünschen sich viele Schweden die homogene skandinavische Gesellschaft von einst zurück. Verstärkt wurde das durch die Flüchtlingskrise von 2015, die von vielen Bürgern als Bedrohung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und des Wohlfahrtsstaates angesehen wurde. Davon haben die Schwedendemokraten profitiert. Zwar haben die Wahlen nicht den Schock verursacht, den viele befürchtet hatten, aber sie haben ebensowenig aufgezeigt, wie es in Schweden nun weitergehen sollte. (...) Eine fragmentierte politische Landschaft, in der die Migration als Spaltpilz fungiert. Schweden sei nun ein normales europäisches Land geworden, hat Ex-Ministerpräsident Carl Bildt getwittert. Es ist schon besorgniserregend, wie ohnmächtig die etablierte Politik sogar in den am besten organisierten Ländern Europas geworden ist.“
„Neue Zürcher Zeitung“:
„Im Gegensatz zu anderen Ländern, wo der ideologische Graben zwischen links und rechts mit dem Ende des Kalten Krieges kleiner geworden ist, ist dieses Blockdenken in Schweden noch stark verhaftet. (...) Zumindest kurzfristig ist es am wahrscheinlichsten, dass der eine oder andere Block eine Minderheitsregierung bilden wird. Mit diesem Modell ist das politische Schweden durchaus vertraut. Allerdings wären diese Regierungen immer von der stillen Unterstützung durch den anderen Block abhängig - oder von den Launen der Schwedendemokraten. So könnte das Land bestenfalls eine Zeitlang verwaltet, nicht aber maßgeblich gestaltet werden. Doch Schweden braucht dringend Weichenstellungen, etwa in Bezug auf den berühmten Sozialstaat, der für die Zukunft fit gemacht werden muss. Oder auch in der Immigrationspolitik - dem Steckenpferd der Schwedendemokraten.“
„Times“ (London):
„Schwedens Traum von einem weltoffenen und großzügigen Wohlfahrtsstaat, sein ambitioniertes Modell für Toleranz und Stabilität, hat bei diesen Wahlen eine Niederlage erlitten. Nichts verdeutlicht eine polarisierte Gesellschaft und eine unberechenbare Wählerschaft deutlicher als das aus den Wahlen hervorgegangene Parlament ohne klare Mehrheitsverhältnisse. Und es ist alarmierend, dass dabei die ausschlaggebende und am meisten dynamische Gruppierung eine unverhohlen fremdenfeindliche Partei ist. (...)
(Der sozialdemokratische Ministerpräsident Stefan) Löfven könnte zwar versuchen, eine große Koalition mit moderaten Mitte-Rechts-Kräften zu bilden, aber das würde lediglich den politisch weit rechts oder links stehenden Kräften Auftrieb geben. Niemand will Wetten dagegen abschließen, dass die Schwedendemokraten schließlich in eine Mitte-Rechts-Koalition eintreten oder zumindest eine von den Konservativen gestellte Minderheitsregierung stützen werden. Schweden beginnt den hohen Preis für seine offenen Grenzen zu verstehen.“
„Le Monde“ (Paris):
„Die Dynamik ist dieselbe wie in einem großen Teil der westlichen Demokratien: der Aufstieg des Populismus und der extremen Rechten - die Schwedendemokraten legen von 12,9 auf 17,6 Prozent zu - und die Schwächung der traditionellen Regierungsparteien - die Sozialdemokraten verlieren drei Punkte und kommen auf das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. (...) Schweden ist, wie es der frühere Ministerpräsident Carl Bildt auf Twitter geschrieben hat, ein europäisches Land wie jedes andere geworden.“
„Hospodarske noviny“ (Prag):
„In einem bestimmten Teil der tschechischen Politik und Gesellschaft herrscht Begeisterung über das Wahlergebnis in Schweden. Die nationalistische Antizuwanderungspartei Schwedendemokraten erhielt dort fast 18 Prozent der Stimmen. In Tschechien, wo es praktisch einen allgemeinen Anti-Flüchtlings-Konsens gibt, ist zu hören: Seht, selbst im Westen wachen die Menschen auf, seht, wir haben recht! Doch langsam mit solchen Schlüssen: Das Zehn-Millionen-Land Schweden hat seit 2015 rund 200 000 Flüchtlinge aufgenommen. Das ist die höchste Zahl pro Einwohner in der Europäischen Union. Unter Berücksichtigung dessen ist der Zugewinn von rund vier Prozentpunkten für die Schwedendemokraten keineswegs schwindelerregend. (...) Mit etwas Übertreibung könnte man sagen, dass selbst die Schwedendemokraten in Tschechien noch als Gutmenschen durchgehen würden.“
„Diena“ (Riga):
„In Schweden begann nach den Parlamentswahlen die politische Unsicherheit. (...) Keiner der Blöcke konnte eine absolute Mehrheit der Stimmen gewinnen und die Schwedendemokraten konnten zugleich ihre Position als drittbeliebteste Partei stärken. Somit ist leicht zu prognostizieren, dass die Bildung einer neuen Regierung ein langwieriger und komplizierter Prozess sein wird.“