Ryanair droht bei anhaltenden Streiks mit Stellenabbau in Deutschland
Berlin (APA/AFP/dpa) - Im Streit um Gehälter bei Ryanair in Deutschland zeichnet sich ein harter Arbeitskampf ab. Die irische Laudamotion-Mu...
Berlin (APA/AFP/dpa) - Im Streit um Gehälter bei Ryanair in Deutschland zeichnet sich ein harter Arbeitskampf ab. Die irische Laudamotion-Mutter konterte auf den Streikaufruf mit der Androhung eines Stellenabbaus in Deutschland. Solche Arbeitskampfmaßnahmen würden zur Streichung von Standorten und Stellen für Piloten und Flugbegleiter führen, erklärte Ryanair am Dienstag.
Die Gewerkschaften Vereinigung Cockpit (VC) und Verdi hatten am Montagabend zu einem 24-Stunden-Streik ab Mittwoch aufgerufen. Erstmalig versuchen damit die Gewerkschaften der beiden Berufsgruppen gemeinsam, Verbesserungen für die Beschäftigten des größten Billigfliegers in Europa zu erzielen.
Ryanair bezeichnete den geplanten Streik als unnötig und inakzeptabel und forderte seine Beschäftigten auf, am Mittwoch zur Arbeit zu erscheinen. Ryanair habe bereits örtliche Verträge und eine verbesserte Bezahlung angeboten, daher gebe es keine Rechtfertigung für die „Störungen“. Die Airline bezog sich in ihrer Mitteilung auf die angekündigten Pilotenstreiks, übertrug die möglichen Konsequenzen eines Jobabbaus aber auch auf das Kabinenpersonal.
Anders als bei der letzten Streikwelle am 10. August hat Ryanair das Flugprogramm der in Deutschland stationierten Flugzeuge beim aktuellen 24-Stunden-Streik nicht abgesagt. Man werde versuchen, den kompletten Flugplan zu erfüllen, kündigte das Unternehmen an. Informationen zu Ausfällen will die Airline per Mail und SMS verbreiten. Kunden könnten zudem ihre Verbindungen kostenfrei auf die Tage Donnerstag bis Sonntag umbuchen.
Laudamotion erklärte am Dienstagvormittag, vom Streik bei Ryanair in Deutschland nicht betroffen zu sein. „Aus jetziger Sicht sind unsere Flüge nicht betroffen, auch jene nicht, die von Ryanair für Laudamotion durchgeführt werden“, sagte eine Sprecherin. In Deutschland sind mehrere Flugzeuge und Besatzungen von Ryanair für den österreichischen Ableger im Einsatz.
Die für die deutschen Flugbegleiter zuständige Gewerkschaft Verdi geht von einer hohen Beteiligung am morgigen Streik aus. „Es gibt ein hohes Interesse daran, zu zeigen, dass man zusammensteht“, sagte Bundesvorstandsmitglied Christine Behle am Dienstag. „Wir haben den größeren Teil der Beschäftigten mittlerweile organisiert und es werden täglich mehr“, sagte sie über die etwa 1.000 in Deutschland stationierten Kabinenmitarbeiter, von denen rund 700 Leiharbeitskräfte seien.
Die Gewerkschaft will weitere Streiks folgen lassen, wenn die irische Fluggesellschaft in den Tarifverhandlungen kein Entgegenkommen zeigt. „Das ist ein erster Warnstreik. Wie es weitergeht, hängt vom Verhandlungsverlauf ab“, so Behle.
Die Gewerkschaften wollen Ryanair mit dem Streik jedenfalls hart treffen. „Es wird für Ryanair am Mittwoch sehr schwierig, noch Flugzeuge aus Deutschland zu bewegen“, sagte VC-Sprecher Markus Wahl. Man rechne aber damit, dass Ryanair Maschinen und Crews aus anderen Ländern kurzfristig nach Deutschland schicke, wie es bei einem ersten Warnstreik kurz vor Weihnachten geschehen war. Damals hatte Ryanair alle geplanten Flüge in die Luft bekommen.
Eine genaue Zahl der in der Gewerkschaft organisierten Flugbegleiter wollte Verdi nicht nennen. Unter den Piloten gibt es nach VC-Einschätzung etwa ein Drittel, das nicht direkt bei Ryanair angestellt ist und daher nicht mitstreiken kann. An den elf deutschen Basen sind rund 400 Piloten und 1.000 Flugbegleiter beschäftigt.
Für Mittwoch haben Verdi sowie die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) zu einer gemeinsamen ganztägigen Arbeitsniederlegung aufgerufen. Es könnten bis zu 350 Flüge gestrichen werden, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Mira Neumaier. Beim Streik der Piloten im August hatte das Unternehmen mitten in der Urlaubszeit europaweit rund 400 von etwa 2.400 geplanten Flügen gestrichen.
Mittwoch sei kein verkehrsstarker Tag, sagte Neumaier. Es handle sich um „ein Warnsignal“ an den irischen Billigflieger. Ob es zu weiteren Arbeitskampfmaßnahmen komme, sei vom Verlauf der Verhandlungen mit dem größten europäischen Billigflieger abhängig. Ein nächster Termin für Tarifgespräche werde derzeit gesucht, sagte Behle.
Die zweite Verhandlungsrunde zwischen Verdi und Ryanair war am 5. September ergebnislos geendet. Die Gewerkschaft fordert ein substanziell höheres Entgelt sowie die Einführung eines Basisgehaltes für alle Flugbegleiter und eine Kompensation bei Verspätungen. „Unsere Maximalforderung im Entgeltbereich liegt immer noch unter dem Niveau von Easyjet 2016“, sagte Neumaier. Für vollzeitbeschäftigte Ryanair-Flugbegleiter liegt das Basisgehalt derzeit zwischen 800 und 1200 Euro brutto monatlich. Mit Flugstunden-Vergütung und Zuschlägen käme man auf etwa 1.800 Euro. Nach Angaben von Verdi haben alle Kabinenbeschäftigten irische Arbeitsverträge. Diese sicherten zum Beispiel keine Entgeltfortzahlung bei Krankheit ab und erlaubten eine kurzfristige Versetzung an jeden anderen Ryanair-Standort in Europa.
Ein Sprecher von Ryanair erklärte mit Blick auf die Streikankündigung der VC: „Da wir bereits örtliche Verträge und eine verbesserte Bezahlung angeboten haben, gibt es keine Rechtfertigung für weitere Störungen und wir fordern unsere deutschen Piloten auf, diesen Mittwoch ihre Arbeit anzutreten.“ Marketing-Chef Kenny Jacobs machte die Vereinigung Cockpit für die Pleite von Air Berlin verantwortlich, ohne das näher zu begründen. Die Pilotengewerkschaft habe ferner bei der Lufthansa-Tochter Eurowings längst niedrigere Gehälter akzeptiert, als sie nun bei Ryanair fordere.
Im Juli hatte Ryanair bereits seinen Beschäftigten in Irland mit einer Verlagerung in Niedriglohnländer gedroht. So solle die Flotte in Irland verkleinert werden - zugunsten von Arbeitsplätzen in Polen, hieß es. Die Airline begründete die Entscheidung unter anderem mit rückläufigen Buchungen wegen der Pilotenstreiks in Irland.
Beim Streik im August hatten die deutschen Piloten gemeinsam mit Kollegen aus den Niederlanden, Belgien und Schweden die Arbeit niedergelegt. Die Airline hatte in der Folge rund 400 Verbindungen abgesagt, rund ein Sechstel des für diesen Tag geplanten Europa-Programms. Betroffen waren damals rund 55.000 Passagiere. Auch Laudamotion musste in Deutschland eine Reihe von Flügen absagen, da sie auf Leihmaschinen der Ryanair angewiesen ist.
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