USA attackieren Weltstrafgericht: Drohungen gegen Richter

Washington/Den Haag (APA/dpa) - Das Weltstrafgericht könnte ein Ermittlungsverfahren gegen US-Soldaten starten. Das will Washington um jeden...

Washington/Den Haag (APA/dpa) - Das Weltstrafgericht könnte ein Ermittlungsverfahren gegen US-Soldaten starten. Das will Washington um jeden Preis verhindern. Außergewöhnlich hart attackiert US-Sicherheitsberater John Bolton den Strafgerichtshof.

Mit harten Drohungen hat die US-Regierung den Druck auf den Internationalen Strafgerichtshof erhöht und will ein Ermittlungsverfahren wegen Verbrechen in Afghanistan verhindern. Das Weltstrafgericht wies die Attacke am Dienstag in Den Haag entschieden zurück und will trotz der Drohungen gegen Richter „unbeirrt“ weiter arbeiten. Das Gericht wird demnächst entscheiden, ob es ein Ermittlungsverfahren gegen US-Soldaten wegen Verbrechen in Afghanistan eröffnen wird.

Das Gericht sei „unabhängig und unparteiisch“ und dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet, erklärte der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag. Zuvor hatte der Nationale Sicherheitsberater der US-Regierung, John Bolton, das Weltstrafgericht als illegitim und „geradezu gefährlich“ bezeichnet.

Die USA sind kein Vertragsstaat des Gerichtshofes und lehnen diesen schon seit Jahren strikt ab. Doch der verbale Angriff war von einer noch nie dagewesenen Schärfe. In einer Rede in Washington drohte der als erzkonservativ bekannte Bolton auch Richtern und Ermittlern mit Sanktionen und Einreiseverboten für den Fall, dass das Gericht gegen Bürger der USA, Israels oder anderer Verbündeter vorgehen sollte. Auch Israel droht ein Ermittlungsverfahren in Den Haag wegen möglicher Verbrechen im West-Jordanland und Ost-Jerusalem.

„Jeden Tag könnte der ICC (englische Abkürzung des Gerichts) die formellen Ermittlungen gegen amerikanische Patrioten ankündigen, die freiwillig ihr Leben riskierten, um unsere Nation, unsere Heimat und unsere Familien nach den Angriffen vom 11. September zu schützen“, sagte Bolton.

Chefanklägerin Fatou Bensouda hatte im vergangenen November einen richterlichen Beschluss zu Ermittlungen in Afghanistan beantragt. Nach ihrer Ansicht gibt es genügend Beweise, dass dort Kriegsverbrechen begangen wurden. Es gebe auch Hinweise, dass US-Soldaten und Mitglieder des Geheimdienstes CIA 2003 und 2004 Häftlinge gefoltert oder brutal behandelt hätten. Bensouda hatte aber betont, dass sie gegen alle Beteiligten des Konflikts ermitteln wolle.

Der Strafgerichtshof verfolgt Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dem Grundlagenvertrag von 2002 sind bisher 123 Staaten beigetreten, darunter alle EU-Staaten. Wie die USA lehnen auch Russland, China und Israel das Gericht ab.

Das Weltstrafgericht erklärte, dass es seine Arbeit „unbeirrt“ fortsetzen werde. Es unterstrich, dass es erst dann ein Verfahren eröffne, wenn die betroffenen Staaten selbst dazu nicht in der Lage seien oder dies verweigerten.

Im Prinzip verfolgt es nur Verbrechen in Vertragsstaaten. Doch ein Verfahren gegen US-Soldaten ist möglich, da Afghanistan dem Gericht angehört. Das gilt auch im Fall von Israel. Palästina ist Vertragsstaat.

Die Palästinenser hatten bereits im Mai Chefanklägerin Bensouda zu Ermittlungen aufgefordert. Vorwürfe sind etwa der illegale Siedlungsbau, die Zerstörung palästinensischer Häuser, Unterdrückung und das „rechtswidrige Töten von unbewaffneten palästinensischen Demonstranten“. Am Dienstag fügten sie die geplante umstrittene Räumung des Beduinendorfs Chan Al-Ahmar im Westjordanland hinzu.

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