„Wie eine Wiedergeburt“: Thrice legen nach Comeback mit „Palms“ nach
Wien (APA) - Der aktuelle Hype in der Musikszene um Klänge aus den 80ern hat auch vor der US-Rockband Thrice nicht Halt gemacht. Deren neues...
Wien (APA) - Der aktuelle Hype in der Musikszene um Klänge aus den 80ern hat auch vor der US-Rockband Thrice nicht Halt gemacht. Deren neues Album „Palms“ beginnt mit reichlich Retrotouch, bevor sich das packende „Only Us“ zur stampfenden Hymne steigert. Stillstand ist für die Musiker offenbar keine Option, wie Gitarrist Teppei Teranishi festhält: „Du veränderst dich als Mensch, dich beschäftigen neue Dinge.“
Dementsprechend sei auch jede Platte „ein bisschen anders“, erklärt er im APA-Interview. „Jedes Mal, wenn du schreibst und Songs aufnimmst, ist das wie eine Momentaufnahme davon, wo du dich gerade befindest.“ Fans müssen sich aber keine Sorgen machen: Auch „Palms“ geizt nicht mit harten Riffs und mitreißenden Hooks, verstehen es Thrice doch nach wie vor, ordentlich Druck aufzubauen. Ein gutes Beispiel dafür ist „The Dark“, bei dem sie die großen Melodien nur so aus dem Ärmel schütteln und tausende Fans mittels Smartphone-Aufnahme in den Song integrieren.
Einen Masterplan gab es für das neue Material jedenfalls nicht, betont Drummer Riley Breckenridge. „Und selbst wenn wir einen gehabt hätten: Es wird daraus letztlich sowieso etwas anderes, ganz eigenes. Songs verändern sich im Schreibprozess, verändern sich im Studio, und im Endeffekt entwickeln sie ein Eigenleben.“ Für die Band sei es dennoch wichtig, sich an „unsere Grenzen zu wagen, ohne gleichzeitig unsere Identität zu verlieren. Es fühlt sich also wie eine logische Entwicklung für uns an. Mal schauen, was die Leute da draußen davon halten“, schmunzelt der Musiker.
Auf Überraschungen sollte man sich jedenfalls gefasst machen: So poppig wie in „Everything Belongs“ kannte man das Quartett (neben Teranishi und Breckenridge auch dessen Bruder Eddie am Bass sowie Sänger und Gitarrist Dustin Kensrue) bisher nicht. Auch das elegische, eine Harfe einbeziehende „Blood on Blood“ wird wohl Anhänger des Frühwerks eher verdutzt zurücklassen. Beide Stücke sind aber, so wie der Rest, ein genaues Hinhören wert, tut sich doch wie so oft viel im Hintergrund und kann nicht zuletzt Kensrue mit seiner einnehmenden Darbietung ein ums andere Mal überzeugen.
Ohnehin ist es eine Freude, Thrice aktuell überhaupt genießen zu können. Immerhin gab es nach 2012 eine mehrjährige Pause und war das Fortbestehen der Gruppe ungewiss, bis 2016 „To Be Everywhere Is to Be Nowhere“ an alte Tugenden anknüpfte. Immer noch stehe man unter dem Einfluss des Comebacks. „Es ist eine einzigartige Situation, nicht viele Bands halten 20 Jahre - und schon gar nicht mit denselben Leuten, wie es bei uns der Fall ist“, meint Breckenridge. „Wir haben sicher gelernt, besser miteinander zu kommunizieren. Und die Pause hat uns gut getan. Es war wie eine Wiedergeburt in vielerlei Hinsicht. Jetzt gibt es eine neue Kraft.“
Die spürt man auch in der ersten Single „The Grey“, ein geradezu klassisch anmutender Alternative-Rock-Song, der viel Nutzen aus den dynamischen Verschiebungen der vier Instrumentalisten macht. „Ich mag den kreativen Prozess ja sehr“, gibt Teranishi Einblick in die Entstehungsphase des Materials. „Es klingt vielleicht kitschig, aber man kann es wohl mit dem Malen eines Bildes vergleichen: Am Anfang sitzt du vor einer leeren Leinwand, und dann trägst du Schicht für Schicht die Farben auf.“ Das sei auch nach mehr als 20 Jahren immer noch ein spannender Prozess.
„Außerdem haben wir früh in unserer Karriere gelernt, dass es einfach gesund ist, sich ständig mit etwas zu beschäftigen“, wirft Breckenridge ein und meint damit das Arbeiten an neuen Ideen. „Das tun wir eigentlich ständig. Deshalb gibt es immer etwas, von dem wir zehren können.“ So sei das Songwriting auch ein völlig gemeinschaftliches Unterfangen. „Jeder von uns bringt etwas mit“, so der Drummer. „Einige Ideen sind ausformulierter als andere, aber wir arbeiten zusammen daran. Es kommt eigentlich nicht vor, dass jemand ein fertiges Lied auf den Tisch knallt und sagt: Das machst du, das machst du, und das machst du!“
Die Produktionstätigkeit haben Thrice diesmal zu einem Gutteil selbst übernommen, bei einigen Songs ging ihnen wiederum Eric Palmquist zur Hand. „Das sind so kleine Dinge, die du änderst und die es frisch halten“, nickt Teranishi. Und so steht am Ende ein zehn Songs umfassendes Album da, mit dem sich die Band in ihrer beständigen Weiterentwicklung gut positioniert. „Palms“ ist abwechslungsreich, klingt dabei aber wie aus einem Guss und hat vor allem viel Energie zu bieten. Wer behauptet schon, dass Rockmusik nicht mehr spannend klingt? Diesen Spruch haben Thrice offenbar noch nie gehört - oder ignorieren ihn lautstark und sehr überzeugend.
(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)
(S E R V I C E - http://thrice.net)