Internationales Tauziehen um letzte syrische Rebellenbastion Idlib
Idlib (AFP) - Seit Tagen bombardieren die syrische Armee und die russische Luftwaffe bereits die Provinz Idlib, eine großangelegte Bodenoffe...
Idlib (AFP) - Seit Tagen bombardieren die syrische Armee und die russische Luftwaffe bereits die Provinz Idlib, eine großangelegte Bodenoffensive scheint nur noch eine Frage der Zeit. Der syrische Machthaber Bashar al-Assad ist entschlossen, auch die letzte Rebellenbastion zurückzuerobern.
Intensive Verhandlungen zwischen Russland, der Türkei und dem Iran brachten kein Ergebnis. Die USA und die Europäer spielen dabei keine zentrale Rolle.
RUSSLAND
Die militärische Unterstützung Russlands hat es Assad seit September 2015 erlaubt, die Rebellen immer weiter zurückzudrängen. Nach Homs und Aleppo fielen dieses Jahr auch Ost-Ghouta und Daraa nach wochenlangem Bombardement durch die russische Luftwaffe an Assad. Nachdem sich Moskau zunächst gegen eine „großangelegte Offensive“ in Idlib ausgesprochen hatte, signalisierte Präsident Wladimir Putin inzwischen seine Unterstützung.
Die „legitime syrische Regierung“ habe das Recht, das gesamte Territorium wieder unter ihre Kontrolle zu bringen, sagte Putin bei einem Gipfel mit der Türkei und dem Iran am Freitag in Teheran. Die Priorität sei es, „den Terrorismus in Syrien endgültig zu beseitigen“ und „die Kämpfer aus der Provinz Idlib zu vertreiben“. Rufe der Türkei nach einer allgemeinen Waffenruhe wies Putin zurück, sprach sich aber für ein stufenweises Vorgehen in Idlib aus.
Offenbar ist Putin gewillt, die Bemühungen fortzusetzen, um die Jihadisten in Idlib von den weniger extremen Rebellen zu trennen. Ziel ist es, die international als Terrororganisation eingestuften Gruppen zu besiegen, während andere Gruppen über Verhandlungen zur Niederlegung der Waffen bewegt werden sollen. Damit kommt Russland der Türkei entgegen, auf deren Unterstützung es für eine politische Lösung des Konflikts angewiesen ist.
TÜRKEI
Seit Beginn des Aufstands in Syrien hat die Türkei die Opposition unterstützt, und bis heute hält Präsident Recep Tayyip Erdogan an der Forderung nach dem Sturz Assads fest. Seine eigentliche Priorität ist aber längst, eine autonome Kurdenregion in Nordsyrien zu verhindern und die 3,5 Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei in ihre Heimat zurückzubringen, da sie von den Türken zunehmend als Belastung empfunden werden.
Eine Offensive in Idlib droht nun, hunderttausende weitere Flüchtlinge in die Türkei zu treiben, darunter tausende Islamisten und Jihadisten. „Ein Angriff auf Idlib wird zu einer Katastrophe, einem Massaker und einer riesigen humanitären Tragödie führen“ und könnte „den politischen Prozess an den Rand des Kollapses bringen“, warnte Erdogan in Teheran.
Der Streit um Idlib ist eine Belastungsprobe für die Allianz der Türkei mit Russland. Ankara scheint nicht gewillt, einfach das Feld zu räumen, und hat seine Truppen an der Grenze zu Idlib und seine militärischen Beobachtungsposten rund um die Provinz verstärkt. Allerdings sieht auch Ankara die Notwendigkeit, die Jihadisten zu bekämpfen, nachdem Bemühungen gescheitert waren, sie zur Selbstauflösung zu bewegen.
IRAN
Seit Beginn des Konflikts ist der Iran ein zentraler Verbündeter Assads. Tausende „Militärberater“ der iranischen Revolutionsgarden unterstützen Assads Truppen und befehligen Milizen aus schiitischen Freiwilligen aus dem Irak, Afghanistan und Pakistan. Diese Milizen sind auch am Rande von Idlib im Einsatz, und Irans Präsident Hassan Rouhani hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er den Kampf gegen „Terroristen“ dort unterstützt.
USA
Schon lange spielen die USA und andere westliche Staaten keine zentrale Rolle mehr im Syrien-Konflikt. Auch im Kampf um Idlib sind sie vor allem Beobachter. Im Fall eines Chemiewaffenangriffs durch Assads Armee hat US-Präsident Donald Trump mit Vergeltung gedroht, doch beschränkte sich die Reaktion auf solche Angriffe in der Vergangenheit auf punktuelle Luftangriffe auf syrische Militärstützpunkte, die keine Auswirkung auf das Kriegsgeschehen hatten.