Neue Gedichte: Reise durch Raum und Zeit, spaßige Verse und ein Debüt
Wien (APA) - Drei höchst unterschiedliche Lyrikbände loten dieser Tage das Spektrum des Dichtens aus. Während Julian Schutting mit seinen La...
Wien (APA) - Drei höchst unterschiedliche Lyrikbände loten dieser Tage das Spektrum des Dichtens aus. Während Julian Schutting mit seinen Langgedichten „Unter Palmen“ in weite Ferne schweift, kitzelt Christian Futscher in „Alles außer Lyrik“ das eine oder andere Schmunzeln aus dem Leser. Sonja Gruber versucht sich an „Dichtungen“.
Eine Reise durch Raum, Zeit und Sprache: Julian Schuttings „Unter Palmen“
Vier Langgedichte umfasst der bei Jung und Jung erschienene neue Gedichtband „Unter Palmen“ von Julian Schutting. Wenig überraschend hat man es mit Palmenhainen zu tun, die der Dichter etwa mit der Schwiegertochter Arnold Schönbergs durchwandert und dabei die Gegenwart mit der Vergangenheit verwebt. So begegnen den beiden in Palm Springs an assyrische Keilschrift erinnernde Palmenrinden, der Dichter erinnert sich an die Mutter seiner Begleiterin: „Du weißt nicht, welche Frische sie uns ins Sommer-/frischehaus gebracht hat, wie herzerfreuend / ihr Entzücken an der alten Heimat war: ihre Mädchen-/jahre haben durch sie hindurchgeschimmert, / und abgestreift war für die Salzkammerguttage / ihre Amerikanisierung, so ganz zuhause / war sie wieder in ihrem alten Dirndl!?“.
Auch im zweiten Gedicht „An Kuba“ begegnet der Leser wieder Palmengärten und Müttern, den dritten Text widmet Schutting Heinrich dem Seefahrer, bevor er im letzten Gedicht „einmal noch“ auf die Palmen zu sprechen kommt: „hättest es im Schlaf gutgeheißen, / die Kastanienbäume der Praterhauptallee / durch Palmen ersetzt vorzufinden“. „Unter Palmen“ ist eine intensive, wortgewaltige Reise durch Raum, Zeit und Sprache, deren Bilder noch lange nachhallen. (Julian Schutting: „Unter Palmen“, Jung und Jung, 80 Seiten, 20 Euro, ISBN 978-3-99027-223-7)
Knappes zum Schmunzeln: Christian Futschers „Alles außer Lyrik“
„Alles außer Lyrik“ nennt der aus Vorarlberg stammende und in Wien lebende Autor Christian Futscher seinen neuen Gedichtband. Nach „Grüße an alle“ ist es heuer bereits sein zweiter. Auch diesmal nähert sich der 58-Jährige dem Genre mit gewohnter Ironie; das eine oder andere Schmunzeln ist beim Lesen der über 200 meist sehr knappen Gedichte vorprogrammiert.
Futscher setzt stets auf Effekt, wie etwa im Gedicht mit dem Titel „Selbstbefriedigung“: „Es ist mir ein Bedürfnis / etwas zum Thema / Masturbation / zu schreiben. / Aber zuerst noch einmal / recherchieren. - // Jetzt ist das Bedürfnis / futsch.“ Einen seiner launigen Auftritte absolviert Futscher am 27. September um 19 Uhr im Wiener Café Kreuzberg. (Christian Futscher: „Alles außer Lyrik“, Czernin Verlag, 160 Seiten, 20 Euro, ISBN 978-3-7076-0647-8)
Exploration der Stilmittel: Sonja Grubers „Dichtungen“
Auch die Journalistin Sonja Gruber wählt für ihren ersten Gedichtband einen selbstreferenziellen Titel: „Dichtungen“ nennt sich das in der Edition fabrik.transit veröffentlichte Buch, in dem die Autorin tief in der Kiste der rhetorischen Stilmittel gräbt: „Es stockt im Unterrock. / Es trocknet noch. / Es tropft nach / die Schmach. / Schambeinhart“, heißt es etwa im Gedicht „Unterrock“. Bei allem Mut zu Reim, Assonanz, Synästhesie und Co. gerät hier jedoch so manches Bild gar schief.
Hier „kitzelt“ die „Wehmut“, „die Sonne zieht milchige Schäfchen“ oder „Stiller Tod beschwert den Tau“. Dann wiederum gelingen immer wieder auch spannende Sprachspiele, wenn es etwa heißt: „Die Eingeweide eingemeinden, die Ausreißer ausweisen.“ Diese „Dichtungen“ halten zwar nicht immer dicht, aber steter Tropfen... (Sonja Gruber: „Dichtungen“, Edition fabrik.transit, 152 Seiten, 13 Euro, ISBN 978-3-9504423-8-0)