Asylzentren am Westbalkan erneut Thema bei Ministertreffen in Wien
Wien (APA) - Bei einer Konferenz europäischer Innenminister am Donnerstag in Wien waren erneut mögliche EU-Asylzentren am Westbalkan Thema. ...
Wien (APA) - Bei einer Konferenz europäischer Innenminister am Donnerstag in Wien waren erneut mögliche EU-Asylzentren am Westbalkan Thema. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) ließ wissen, dass es Verhandlungen mit Westbalkanländern gebe. Der albanische Innenminister Fatmir Xhafaj zeigte sich jedoch zurückhaltend. Bei dem Treffen wurde eine Ausweitung der polizeilichen Kooperation auf den Westbalkan vereinbart.
Über Wege legaler Migration, die EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker parallel zu einem besseren EU-Außengrenzenschutz gefordert hatte, will Kickl derzeit nicht reden. Zunächst sei es wichtig, die illegale Migration effektiv zu bekämpfen, die EU-Außengrenzen zu schützen, die Rückführungen zu verbessern und gegen Schlepper vorzugehen. „Das sind die Schritte eins, zwei, drei und vier. Und wenn wir das geschafft haben, können wir gerne auch über den Schritt fünf und sechs nachdenken“, sagte Kickl.
Solange es den funktionierenden Außengrenzschutz, „nur am Papier“ und nicht auch „faktisch“ gebe, will Kickl auch die Grenzkontrollen beibehalten. EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hatte am Donnerstag in einem Zeitungsinterview jene Mitgliedsstaaten, die derzeit trotz Schengen Grenzkontrollen durchführen, aufgefordert, diese so schnell wie möglich wieder aufzuheben und zur „normalen Funktionsweise von Schengen“ zurückzukehren, da nun die Verbesserung des Grenzschutzes auf den Weg gebracht worden sei. Die Union plant unter anderem, die EU-Grenzschutzagentur Frontex bis 2020 massiv auszubauen.
Nicht vom Tisch ist offenbar auch die Idee von EU-Asylzentren in Drittstaaten. Verhandelt werde mit Westbalkan-Ländern - konkreter wollte Kickl aber nicht werden. Die Gespräche über sogenannte Rückkehrzentren würden „mit Diskretion“ geführt. „Wir wollen keine Debatte in der Öffentlichkeit, bevor die Eier gelegt sind“, so der Innenminister bei dem Ministertreffen im Austria Center Vienna (ACV).
Die Idee der Errichtung von Rückkehrzentren stößt bisher in den Ländern des Westbalkans auf wenig Begeisterung. Die Regierungen von Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und auch Albanien haben den von Österreich und Dänemark ins Spiel gebrachten Vorschlag abgelehnt. Man begrüße aber „jeden möglichen Beitrag der EU“ für Albanien zur Unterstützung in der Migrationspolitik, sagte der albanische Innenminister diplomatisch, ohne auf die Frage einzugehen, ob sein Land bereit wäre, auf seinem Staatsgebiet ein solches Zentrum errichten zu wollen. Albanien bräuchte generell „bessere“ und „pro-aktivere“ Unterstützung der EU, sei aber auch im Gegenzug bereit, „schwierige Probleme gemeinsam anzugehen“, sagt er nur.
Bei dem Treffen der Innenminister der EU und der Westbalkanstaaten wurde am Donnerstag auch ein Abkommen zur Ausweitung der polizeilichen Kooperation auf den Westbalkan unterzeichnet. Der „Prümer Vertrag“ sieht den direkten Zugang der jeweiligen Behörden etwa auf DNA- oder Fingerabdrücke aller anderen Mitglieder vor. Der Vertrag von Prüm wurde zunächst 2005 von Österreich, den Benelux-Staaten, Deutschland, Frankreich und Spanien unterzeichnet und 2007 dann in den Rechtsrahmen der EU integriert. Er erlaubt den Polizeibehörden unter anderem Zugang zu DNA-, Fingerabdruck- und Autokennzeichenregistern der anderen Mitgliedsstaaten.
Kickl bezeichnete die Ausweitung des Vertrages auf die Westbalkan-Staaten - Albanien, Mazedonien, Montenegro, Serbien sowie Moldawien - als „Meilenstein“ zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, Terrorismus, Extremismus und von Schlepperei. Laut Kickl sei man durch den Austausch im Rahmen der Prüm-Kooperation - durch den Abgleich von DNA-Daten - auch den Paris-Attentätern auf die Spur gekommen.
Am ersten Tag der Innenministerkonferenz ließen sich die meisten Minister durch Beamte vertreten. Hochkarätiger besetzt ist die Tagung am Freitag, wenn der italienische Innenminister Matteo Salvini, EU-Innenkommissar Avramopoulos sowie EU-Sicherheitskommissar Julian King erwartet werden. Bei dieser Gelegenheit will Salvini auch mit dem deutschen Vertreter über ein bilaterales Rücknahme von Flüchtlingen sprechen. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer, der am Donnerstag verkündet hatte, das Abkommen mit Italien sei abgeschlossen, kommt selbst nicht nach Wien. Er werde durch Staatssekretär Stephan Mayer vertreten, hieß es auf APA-Anfrage aus dem Innenministerium in Berlin.
Am zweiten Tag beraten die EU-Staaten gemeinsam mit einigen nordafrikanischen Ländern - Ägypten, Algerien, Libyen, Mali, Marokko, Niger, Tschad und Tunesien - über bessere Kooperation im Bereich Migration und Grenzschutz. Die EU will in Nordafrika „Anlande- bzw. Ausschiffungsplattformen“ errichten, darauf haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs Ende Juni geeinigt.
Avramopoulos hat sich zu deren Umsetzung in einem „Presse“-Interview am Donnerstag aber äußerst skeptisch gezeigt, da sich bisher kein geografisch infrage kommendes Land dazu bereit erklärt hat, ein solches Zentrum auf seinem Staatsgebiet errichten zu wollen.