Orban-Berater: Ungarn erkannte „Schattenseiten der Migration“ früher

Budapest (APA) - Es war ein Dienstag im September 2015. Da ging das Tor zu an der ungarisch-serbischen Grenze. Die Westbalkan-Route wurde ge...

Budapest (APA) - Es war ein Dienstag im September 2015. Da ging das Tor zu an der ungarisch-serbischen Grenze. Die Westbalkan-Route wurde geschlossen, über die Hunderttausende von Flüchtlingen durch Ungarn in Richtung Westeuropa zogen.

„Da unser komplexer Grenzschutz funktioniert, strömen keine Flüchtlinge mehr durch Ungarn“, erklärte György Bakondi, Chefberater für Innere Sicherheit des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, im APA-Gespräch.

Ungarn habe bereits 2015 gezeigt, dass die Grüne Grenze durchaus geschlossen werden kann, erinnerte Bakondi. „Mit dem Zaun schützen wir nicht nur Ungarn vor der illegalen Migration, sondern ganz Europa, damit auch Österreich und Deutschland.“ Premier Viktor Orban sei damals scharf kritisiert worden wegen seines bewachten Grenzzaunes, der allerdings später von Nachbarstaaten kopiert wurde. Bakondi lobte die gute Zusammenarbeit und Partnerschaft mit der österreichischen Regierung.

Der umfassende Schutz bestehe nicht nur aus dem Zaun, sondern auch aus der Präsenz von Polizei und Heer sowie aus Rechtsregeln, die einen effektiven Auftritt gegen die illegale Migration gewähren. Am serbischen Grenzabschnitt hätten in diesem Jahr bisher 3.738 Personen versucht, illegal nach Ungarn zu gelangen. Davon wurden 1.308 daran gehindert, den Grenzzaun zu überwinden. 2.430 wurden auf ungarischem Gebiet gestellt und nach Serbien zurückgeführt. Am rumänischen, kroatischen und ukrainischen Grenzabschnitt habe es insgesamt 281 Versuche des illegalen Grenzübertrittes gegeben.

In den beiden Transitzonen in Tompa und Röszke an der serbischen Grenze seien heuer 465 Asylanträge gestellt worden. Davon erhielten 352 Personen internationalen Schutz.

Ab 1. Juli trat in Ungarn ein verschärftes Asylrecht in Kraft. Daraus erhebt sich die Frage, ob Anträge in den Transitzonen noch gestellt werden können. Damit gilt nämlich das Nachbarland Serbien als sicheres Drittland. Werden die Transitzonen nicht überflüssig? „Wenn jemand nachweisen kann, dass er in Serbien wegen seiner politischer Zugehörigkeit oder aus anderen Gründen verfolgt wird, ist er berechtigt, einen Antrag zu stellen. Deswegen werden die Transitzonen als legale Möglichkeit nicht geschlossen.“

Aufenthaltsorte für Migranten sind das Flüchtlingslager in Fot mit 14, in Balassagyarmat und Vamosszabadi, die derzeit insgesamt drei Migranten beherbergen. In den Transitzonen wurden insgesamt 135 Flüchtlinge registriert. Wer einen Asylstatus erhalten habe, der könne gesetzmäßig Hilfe bei der Wohnungs- und Arbeitssuche erhalten. Nur sei die Sozialhilfe in Ungarn wesentlich niedriger als in Österreich oder Deutschland, erinnerte Bakondi. Die meisten der Betroffenen würden Ungarn wieder verlassen.

Bakondi kritisierte die Nichtregierungsorganisationen, die vom liberalen US-Milliardär George Soros - dem erklärten Hauptfeind der ungarischen Regierung - finanziert würden und „uns im Interesse der Migranten verklagen und alles dafür unternehmen, Ungarn im Europaparlament negativ darzustellen“. Es gebe auch keinerlei rechtliche Sanktionen gegen Personen oder Organisationen, die jenen Flüchtlingen helfen, die in dem Land, aus dem sie kommen, nachweislich verfolgt werden, betonte er.

Auch drei Jahre nach der Grenzschließung herrscht in Ungarn „Migrationsnotstand“, der den Einsatz des Heeres an der Grenze erlaubt. Laut Umfragen steht die Mehrheit der Bevölkerung hinter Orban und seiner Migrationspolitik. „Wir haben die Bürger mittels einer Nationalen Konsultation zum Thema befragt. Dabei hat die Mehrheit über Parteigrenzen hinweg eindeutig gegen Einwanderung votiert.“ Auch bei den Wahlen 2018 hätten die Bürger überwiegend für „jene Partei gestimmt, die Flüchtlingsquoten und Einwanderung ablehnt“, sagte er in Anspielung auf die Regierungspartei Fidesz.

Diese Ablehnung führte zum Dauerstreit mit der Kommission. Die rechtskonservative ungarische Regierung warf Brüssel vor, „schwach und lahm“ zu sein. Ungarn habe die „Schattenseiten der Migration eher erkannt als der Westen“. Hierzu zählte Bakondi erhöhte Terrorgefahr und Verschlechterung der Sicherheitslage sowie Gewalttaten von Flüchtlingen gegen Bürger mit tödlichem Ausgang.

Egal, welchen Weg Europa auch suche für die Lösung der Migrationskrise, dieser müsse mit der Kontrolle der Außengrenzen beginnen. Denn ohne eine solche gebe es keine innere Sicherheit in Europa. Bakondi erinnert an die 400.000 Flüchtlinge, die vor drei Jahren durch Ungarn strömten und aus 103 Ländern kamen. „Es geht also nicht darum, dass hier nur syrische oder irakische Migranten kamen, und in 103 Ländern war wohl kein Krieg.“

Das Thema Migration wird laut Bakondi auch die 2019 anstehenden Europaparlaments-Wahlen bestimmen. Die Bürger würden nun nicht wie üblich im Spiegel der Innenpolitik ihrer Länder abstimmen, sondern eine Frage auf europäischer Ebene, die illegale Migration, werde ihre Meinung bestimmen.

(Das Gespräch führte Harriett Ferenczi/APA)