Keine Schonfrist für neue slowenische Regierung
Ljubljana (APA) - Die neue slowenische Mitte-Links-Minderheitsregierung unter Premier Marjan Sarec, die am Donnerstag ihr Amt angetreten hat...
Ljubljana (APA) - Die neue slowenische Mitte-Links-Minderheitsregierung unter Premier Marjan Sarec, die am Donnerstag ihr Amt angetreten hat, verliert keine Zeit. Am Freitag haben die neuen Minister bereits die Geschäfte von ihren Vorgängern übernommen. Mit einer Schonfrist kann das neue Kabinett aber auch nicht rechnen, nachdem das Land seit einem halben Jahr keine Regierung mit vollen Befugnissen mehr gehabt hat.
„Der neuen Regierung steht viel Arbeit bevor“, sagte Sarec am Donnerstag. Die erste und auch eine der schwierigsten Aufgaben ließ nicht lange auf sich warten. Die Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes haben die Regierung unmittelbar nach ihrer Ernennung aufgefordert, die eingefrorenen Tarifverhandlungen wieder aufzunehmen. Die Verhandlungen und auch Streikaktivitäten wurden im Frühjahr mit dem Rücktritt des früheren Premiers Miro Cerar auf Eis gelegt.
Das ist nicht die einzige dringende Aufgabe, die Sarec von der früheren Regierung geerbt hat. Eine Reform des Gesundheitswesens, das seit Jahren in Schwierigkeiten wegen Misswirtschaft, langen Wartezeiten, Personalmangels und Qualitätsproblemen steckt, ist eine weitere Herausforderung, der sich die neue Regierung unverzüglich annehmen muss. Ihre Vorgängerin hatte es in vier Jahren nämlich nicht geschafft, eine ganzheitliche Reform durchzubringen.
Es gibt viele, die nicht glauben, dass die Regierung volle vier Jahre durchhalten wird. Der mit 40 Jahren jüngste Regierungschef in der slowenischen Geschichte, der bisher nur Erfahrungen in der Lokalpolitik gemacht hat, wird von allen Seiten unter Druck stehen. Von außen muss er mit einer hartnäckigen Opposition vonseiten der konservativen Demokratischen Partei (SDS) des Wahlsiegers Janez Jansa rechnen, die genau dafür bekannt ist. Bei der Parlamentsdebatte am Donnerstag zeigte die SDS klar und deutlich, dass sie diesen Kurs auch weiterführen wird. „Jeder Tag unter dieser Koalition ist ein Tag von verpassten Gelegenheiten für Slowenien“, kritisierte Oppositionsführer Jansa.
Als Premier wird Sarec einen Balanceakt meistern müssen. So gilt es nicht nur, vier Koalitionspartner im Zaum zu halten, sondern auch die als Mehrheitsbeschafferin nötige Linke bei der Stange zu halten. Alleine die Tatsache, dass es in der Koalition fünf Parteien gibt, macht die Sache kompliziert. Drei davon, die schon die bisherige Regierung gebildet haben, lagen sich immer wieder in den Haaren. Beobachter rechnen damit, dass sich die Rivalität zwischen der Partei des modernen Zentrums (SMC) von Cerar und den Sozialdemokraten (SD) von Parlamentspräsident Dejan Zidan auch in der neuen Regierungskoalition fortsetzen wird. Was die Koalitionspartner zumindest eine Weile zusammenhalten könnte, ist die Angst vor Neuwahlen, die ein politisches Aus für kleinere Parteien bedeuten könnten.
Bisher hat Sarec laut Beobachtern keine großen Fehler gemacht, womit ihm auch gelungen ist, die Fünf-Parteien-Koalition zusammenzuzimmern. Neben den schwierigen innenpolitischen Aufgaben kommen die richtigen Herausforderungen auf ihn allerdings noch zu.
Auch „externe Faktoren, wie eine neue Flüchtlings- oder Wirtschaftskrise, eine etwaige Verschlechterung von Beziehungen mit Nachbarstaaten und Reformen in der EU, werden seine Regierung auf die Probe stellen“, wie der politische Analytiker Aljaz Pengov Bitenc zur Nachrichtenagentur STA sagte. Bei solchen Herausforderungen, die viel „staatsmännische Weisheit“ verlangen, wird sich laut dem Analytiker zeigen, „aus welchem Holz er geschnitzt ist“. Ein Vorteil für den neuen Premier sei es, zwei frühere Regierungschefs (Cerar und Alenka Bratusek; Anm.) die bereits Erfahrungen mit der Flüchtlings- und Wirtschaftskrise gemacht haben, in seinem Team zu haben, so Pengov Bitenc.
Der neue slowenische Premier wird sein Debüt auf der internationalen Bühne schon nächste Woche bei dem informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs in Salzburg geben. Größere Abschweifungen von dem bisherigen europapolitischen Kurs Sloweniens werden von Sarec nicht erwartet, unter ihm wird das Euro- und Schengen-Land wohl weiterhin im Mainstream angesiedelt sein. Mit der Auswahl von Ex-Premier Cerar zum neuen Außenminister wird das laut Beobachtern auch bekräftigt.