In Problemsparte von Thyssenkrupp mehr Jobs in Gefahr

Essen (APA/dpa) - Mitten in der Führungskrise drohen beim deutschen Industriekonzern Thyssenkrupp weitere Stellenstreichungen. Während die B...

Essen (APA/dpa) - Mitten in der Führungskrise drohen beim deutschen Industriekonzern Thyssenkrupp weitere Stellenstreichungen. Während die Besetzung der Chefposten bei dem DAX-Konzern noch immer unklar ist, greift Interimschef Guido Kerkhoff in der schwächelnden Sparte Anlagenbau weiter durch.

„Derzeit überprüfen wir, ob der im letzten Jahr angekündigte Personalabbau angesichts der veränderten Marktperspektiven ausreichend ist“, sagte ein Unternehmenssprecher am Freitag auf Anfrage.

Der Essener Konzern hatte 2017 angekündigt, innerhalb von drei Jahren in der Anlagen- und Schifffahrtsparte bis zu 2.000 Stellen abzubauen. Insgesamt arbeiten im Geschäftsbereich Industrial Solution mehr als 21.000 Menschen. Neben organisatorischen Änderungen müssen nun auch Manager ihre Posten räumen.

Nachdem Konzernchef Heinrich Hiesinger und Aufsichtsratschef Ulrich Lehner innerhalb von nur wenigen Tagen ihre Posten hingeschmissen hatten, zog Kerkhoff die Notbremse und kündigte einen weiteren „tiefgreifenden Umbau“ der Krisensparte an.

Der überraschende Weggang der beiden Spitzenmanager stürzte Thyssenkrupp in eine tiefe Führungskrise. Kandidaten für die vakanten Chefposten sind nicht in Sicht. In Medienberichten wird bereits über reihenweise Absagen spekuliert. Auch nach einer vor wenigen Tagen angesetzten Aufsichtsratssitzung konnte der Öffentlichkeit kein Kandidat präsentiert werden.

„Der Job, den keiner will“, schrieb etwa das „Handelsblatt“. Jedes neue „Nein“ erhöhe den Frust. „Wer will sich ohne Not da hinein begeben?“, zitierte die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) einen Experten, der auch gleich möglichen Bewerbern dringend von dem Job abriet. „Wenn Hiesinger das nicht geschafft hat, wer soll es dann schaffen?“, hieß es aus Branchenkreisen.

Nach Einschätzung von Personalberater Wolfram Tröger wartet auf die Kandidaten derzeit tatsächlich eine Art „Feuerstuhl“. Noch sei in dem Traditionskonzern keine ausreichend starke Persönlichkeit in Sicht, die in der Lage sei, die Interessen innerhalb der Gesellschafter zu ordnen, so der Chef der Frankfurter Personalberatung Tröger & Cie und Vorsitzender des Fachverbands Personalberatung im Bundesverband Deutscher Unternehmensberater.

Doch die aktuellen Probleme dulden keinen Aufschub: Noch immer leidet der Essener Konzern an den Folgen einer milliardenschweren Fehlinvestition. Als Sorgenkind gilt nicht nur die schwächelnde Sparte Anlagenbau. Auch die kurz vor seinem Abgang von Hiesinger eingefädelte Stahlfusion mit Tata ist noch nicht vollzogen. Weil Kerkhoff kein Mandat für eine neue Strategie hat, bleibt die wichtige Neuordnung des Gesamtkonzerns in der Warteschleife.

Eine gewichtige Rolle im Streit spielt neben der Krupp-Stiftung dabei Großaktionär Cevian, der zuvor monatelang Druck auf das Management ausgeübt hatte und einen schnelleren und radikalen Umbau des Konzerns fordert. Auch der aktivistische Hedgefonds Elliott des US-Milliardärs Paul Singer mischt mit. Er hat sich in den Konzern eingekauft und als erstes ebenfalls Forderungen nach einem Umbau vorgelegt.

Beide zurückgetretenen Manager hatten auf Differenzen im Aktionärskreis des um eine neue Strategie ringenden Unternehmens hingewiesen - und sich seitdem öffentlich nicht mehr zu Wort gemeldet. Schnell ins Visier der Kritiker geraten war auch die Chefin der Krupp-Stiftung, Ursula Gather, die die Vorwürfe zurückwies. Im Umfeld des Unternehmens war zuvor über Differenzen mit der Chefin der mit 21 Prozent wichtigsten Großaktionärin spekuliert worden.

~ ISIN DE0007500001 WEB http://www.thyssenkrupp.com/de/ ~ APA477 2018-09-14/17:38