HNRX ließ die Pinsel tanzen: So lief das „Underbridge“-Festival
Sie malten bis in den Sonnenuntergang: Vor den Augen vieler Schaulustiger haben fünf Künstler den Brückenpfeilern unter der A12 neues Leben eingehaucht. Für Initiator und Lokalmatador HNRX war das erste Urban Art Festival Innsbrucks ein voller Erfolg.
Von Tamara Stocker
Innsbruck — Oben rauschen die Autos vorbei, unten werden große Augen gemacht. Und in der Mitte, in mehr als 20 Metern Höhe, da wird gepinselt und gesprüht, was das Zeug hält. Eine 12-Stundenschicht jagt die nächste. Und dann, nach nur zwei Tagen, ist das Werk vollendet: Fünf Brückenpfeiler der Inntalautobahn (A12) erstrahlen in neuem Glanz.
Dafür verantwortlich zeichnen sich fünf nahmhafte Street-Art-Künstler, die auf Einladung der Tiroler Szenegröße HNRX nach Innsbruck gekommen sind. Im Rahmen des ersten Urban Art Festivals der Stadt am 8. und 9. September durften sie sich auf 700 Quadratmetern austoben. Viele Menschen sind an jenem Wochenende in die Feldstraße 11 unweit des Westbahnhofes gepilgert, um sich das Spektakel aus nächster Nähe anzusehen.
Drei Tage in zwei Minuten -> Das „Underbridge"-Festival im Video: © Raphael Pöham
HNRX - Underbridge | 2018 from Raphael Pöham on Vimeo.
Zwischen sprayen und schwitzen
Die Stimmung beschreibt HNRX rückblickend als „sehr berührend". Jeder Besucher sei gleichzeitig auch ein Motivator für die Künstlerriege gewesen. Und während die jungen Männer am Samstag derart vertieft in ihre Arbeit waren, dass sogar aufs Trinken vergessen wurde, nahmen sie sich am Sonntag Zeit für das ein oder andere Autogramm.
Effektives Arbeiten war gefragt, denn das enge Zeitfenster durfte nicht überschritten werden. Da stieg so mancher am Samstagabend — nach mehr als 12 Stunden Arbeit — schon mal mit hochrotem Kopf vom Hubsteiger. Das Kaiserwetter über Innsbruck tat an diesem Tag sein übriges.
Nach einer kurzen Nacht begaben sich die fünf bei Sonnenaufgang schon wieder in luftige Höhen, um ihre Kunstwerke zu finalisieren. Und die könnten unterschiedlicher nicht sein.
Künstler blieben sich treu, probierten aber auch Neues
Da wäre zum einen Bebar aus Paris, der mit einem poppigen Konzept aus grellen Farben besticht, das sich stark am Graffiti-Jargon orientiert. Der Frankfurter Guido Zimmermann bedient sich dem breiten Spektrum seines Könnens und erzählt mit seiner Wand Geschichten — abstrakt, fotorealistisch und collagenmäßig zugleich und lässt genug Raum für Interpretation.
Joachim aus Antwerpen bleibt figurativ, beweist jedoch eine neue Herangehensweise und hat sich kurzerhand entschlossen, sein Farbkonzept umzustellen. Koctel aus Madrid vereint in seinem Werk China mit seiner Heimat Spanien und tut dies vor allem bunt, plakativ und voller guter Laune.
Last but not least hat sich auch HNRX einmal mehr in Innsbruck verewigt. Der Lokalmatador bleibt seinem „Comicsurrealismus" treu und zeigt dennoch eine Weiterentwicklung in Sachen Farbwahl und Technik, sodass sein Werk zwar seinen gewohnten Malereien entspricht, sich jedoch deutlich eine neue Ära seiner Kunst abzeichnet.
„Die fünf bemalten Pfeiler stehen für ein kunst- und kulturoffenes Innsbruck", sagt HNRX gegenüber der Tiroler Tageszeitung Online. So wie die Zeichnungen, Acrylbilder und Skulpturen der gemeinsamen Gruppenausstellung zum Auftakt des „Underbridge"-Festivals am 7. September in der Mentlgasse, stehe auch hier jede Wand für sich. Und die können ab sofort und jederzeit in aller Ruhe bestaunt werden.