Studie: Staat soll Kohleabbau-Folgekosten rasch finanziell absichern
Berlin (APA/AFP) - Der deutsche Staat sollte die durch den Braunkohleabbau entstandenen Schäden und die Kosten ihrer Beseitigung „schleunigs...
Berlin (APA/AFP) - Der deutsche Staat sollte die durch den Braunkohleabbau entstandenen Schäden und die Kosten ihrer Beseitigung „schleunigst“ finanziell absichern. Denn die dafür verantwortlichen Energiekonzerne ergriffen „jede Möglichkeit, sich der immensen Folgekosten ihres Geschäfts zu entledigen“, kritisierten am Montag die Umweltschutzorganisationen BUND und Klima-Allianz Deutschland.
Sie beriefen sich auf eine von ihnen beauftragte Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft.
Das Risiko, dass die Steuerzahler für die Folgekosten des Braunkohlebergbaus aufkommen müssen, sei gestiegen, erklärten die Organisationen. Grund seien die jüngsten Konzernumstrukturierungen bei RWE und der Leag: RWE habe seine Tochter Innogy „unter anderem“ mit dem Ziel ausgegründet, „dass künftige Gewinne nicht mehr für die Finanzierungsvorsorge im Braunkohlebereich zur Verfügung stehen sollten“, heißt es in der Studie. Die Leag (Lausitz Energie Kraftwerke AG), in der das ehemalige Braunkohlegeschäft des schwedischen Energieunternehmens Vattenfall in der Lausitz gebündelt ist, wurde an den tschechischen Energieversorger EPH verkauft.
Das bestehende Konzernhaftungsrecht biete Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten, sich ihren langfristigen Verpflichtungen für Bergbaufolgekosten zu entziehen, heißt es in der Studie. Bestehende Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge könnten gekündigt werden - wie bei der Ausgründung von Innogy -, einfache Eigentumsübertragungen an ausländische Mutterunternehmen erfolgen, die nicht für die Folgekosten haften - wie im Falle Vattenfall. In keinem Fall habe es eine Nachhaftungsfrist gegeben, kritisieren die Autoren.
Das sollte den Landesregierungen mit Braunkohleabbau in ihrem Gebiet „die Schweißperlen auf die Stirn treiben“, erklärten die Umweltorganisationen. Die Kohlekommission sei gefragt, hier Lösungen vorzuschlagen. Dann müsse die deutsche Bundesregierung schnell handeln. „Sonst bleiben am Ende die Bundesländer und damit die Steuerzahler auf den Kosten sitzen.“
Die von der deutschen Regierung eingesetzte Kohlekommission aus Politikern, Verbänden und Wissenschaftern soll bis Ende des Jahres einen Ausstiegsplan aus der Kohleverstromung vorlegen. Die Studienautoren empfehlen, die Gelder für Tagebauschäden zeitnah in einem öffentlich-rechtlichen Fonds zu sichern. Die Bundesregierung müsse zudem die Haftung der Mutterkonzerne per Nachhaftungsgesetz sicherstellen. Sie könne sich nicht darauf verlassen, dass die Konzerne „in 20 oder gar 100 Jahren überhaupt noch existieren oder dann die nötigen Mittel aufbringen können“, erklärten BUND und Klima-Allianz.
Auch ein unabhängiges Kostengutachten werde benötigt, um sich jenseits der Angaben der Bergbaubetreiber ein „realistisches“ Bild über die Höhe der künftigen Kosten machen zu können. Diese Kosten sind auf jeden Fall hoch: Die Förderung von Braunkohle im Tagebau hinterlasse tiefe Landschaftsnarben und schwere Schäden an Öko- und Gewässersystemen, erklärten die beiden Umweltorganisationen. Die vollständige Beseitigung verursache Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe und werde mehrere hundert Jahre in Anspruch nehmen.