Mazedonier entscheiden in Referendum über Staatsnamen

Skopje (APA) - Am kommenden Sonntag entscheiden die Mazedonier bei einer Volksabstimmung über ihren künftigen Staatsnamen. Das international...

Skopje (APA) - Am kommenden Sonntag entscheiden die Mazedonier bei einer Volksabstimmung über ihren künftigen Staatsnamen. Das international mit Spannung verfolgte Referendum ist der erste Schritt zur Umsetzung eines Abkommens mit Griechenland, mit dem am 17. Juni nach fast 27 Jahren der Namensstreit beigelegt wurde. Demnach soll Mazedonien künftig den Namen Republik Nord-Mazedonien tragen.

Rund 1,8 Millionen Stimmberechtigten sind am Sonntag dazu aufgerufen über die Frage abzustimmen: „Sind Sie für die Mitgliedschaft in der EU und der NATO unter Annahme der Vereinbarung zwischen der Republik Mazedonien und der Republik Griechenland?“ Nicht zufällig wurde die Frage mit der EU- und NATO-Eingliederung des Balkanlandes verknüpft. Denn wegen des ungelösten Namensstreits hatte Griechenland jahrelang jeden Fortschritt des Nachbarlandes im EU- und NATO-Annäherungsprozess blockiert. Bei vielen Griechen weckte der bisherige Name Befürchtungen, Mazedonien könnte Gebietsansprüche auf eine gleichnamige nordgriechische Provinz erheben.

Die Regierung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Zoran Zaev ist vom Erfolg des Referendums überzeugt. Für einen Erfolg des Referendums müssen mindestens 50 Prozent der Stimmberechtigten daran teilnehmen.

Nach Meinungsumfragen von Ende August unterstützen 57 Prozent der Befragten den Vorschlag, dass sich Mazedonien unter neuem Namen der EU und der NATO-Allianz anschließen soll. 49 Prozent waren gleichzeitig entschlossen zu Abstimmung zu gehen und für die Lösung des Namensstreits zu stimmen, weitere 22 Prozent wollten sich am 30. September dagegen äußern.

Die Referendumskampagne der Regierung unter dem Motto „Sag JA zu einem europäischen Mazedonien“ wurde von mehreren kleineren Parlamentsparteien unterstützt. Die dominierende Oppositionspartei VMRO-DPMNE, die von 2006 und Mitte 2017 das Land regierte, hat sich gegen die Namensänderung ausgesprochen. Prominentester Gegner der Lösung ist aber Staatspräsident Gjorge Ivanov, der zum Boykott des Referendums aufgerufen hat.

Die nach wie vor einflussreiche VMRO-DPMNE, die im Parlament mit 51 der 120 Mandaten vertreten ist, hat entgegen vieler Befürchtungen ihre Anhänger nicht dazu aufgerufen, der Abstimmung fernzubleiben. Die Führung der nationalkonservativen Partei entschied sich stattdessen zu einem „stillen Boykott“, indem sie ihren Anhängern riet, nach eigener Überzeugung abzustimmen.

Eine wichtige Rolle spielt die Opposition auch nach dem Referendum. Denn die Volksabstimmung hat „beratendem“ Charakter, für die Behörden also nicht bindend. Nötig für die Umsetzung der Namensänderung ist eine Verfassungsänderung, die mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament beschlossen werden muss. Für eine Verfassungsmehrheit benötigt das Regierungsbündnis daher auch Stimmen aus den Reihen der Opposition. Das Abkommen mit Griechenland wurde im Juni mit nur 69 Stimmen ratifiziert.

Der Chef der VMRO-DPMN,E Hristijan Mickoski, hat angekündigt, dass seine Partei das Ergebnis des Referendums akzeptieren werde. Zehn Tage vor der Volksabstimmung ließ er gar wissen, dass die Parteiführung ihre Abgeordneten auffordern würde, die darauf folgende Verfassungsänderung zu unterstützen, sollte das Referendum erfolgreich sein. Zuvor hatten allerdings gut ein Dutzend VMRO-DPMNE-Abgeordnete versichert, dass sie im Parlament gegen die Verfassungsänderung stimmen würden.

Bei ihren Bemühungen zur Umsetzung des Namensabkommens erhält die mazedonische Regierung breite internationale Unterstützung. Zahlreiche EU-Politiker warben für die Einigung im Namensstreit. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach bei einem Besuch in Skopje zu Beginn der Referendumskampagne von einem „Meilenstein“, der weitere positive Entwicklungen in der Region auslösen könnte. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel rief einen Tag darauf die Bürger des Balkanlandes auf, die „historische Chance“, zu nutzen.

Zugleich gab es aber auch Warnungen vor einer russischen Einmischung in die Referendumskampagne. US-Verteidigungsminister Jim Mattis warnte etwa Russland vor einer Einmischung. Ministerpräsident Zaev versicherte daraufhin, dass es keine Beweise dafür geben würde. Russland sei ein Freund Mazedoniens und habe keine Einwände gegen seine Eingliederung in die Europäische Union. Moskau sei allerdings gegen eine NATO-Mitgliedschaft seines Landes, räumte Zaev ein. Tatsächlich hatte Griechenland im Juli zwei russische Diplomaten ausgewiesen, nachdem ihnen vorgeworfen worden war, Beamte bestochen und Demonstrationen geschürt zu haben, um das Abkommen mit Mazedonien zu torpedieren.

Gelingt es Mazedonien, die Verfassungsänderung im Parlament vor Jahresende durchzusetzen, ist das griechische Parlament am Zug. Dort soll das Abkommen Anfang nächsten Jahres zur Ratifizierung kommen. Auch Premier Alexis Tsipras dürfte beträchtliche Probleme haben, die Einigung durchzusetzen. Die mitregierende nationalistische Unabhängigkeitspartei hatte angekündigt, sie werde kein Abkommen billigen, mit dem das Recht am Namen Mazedonien aufgegeben werde.

Sollten alle Hindernisse bewältigt werden, will die EU im Juni 2019 Beitrittsgespräche mit Mazedonien aufnehmen. Den Status eines EU-Beitrittskandidaten hat das Land bereits seit Ende 2005, wegen des Namensstreit lag der Prozess aber jahrelang auf Eis. Die NATO führt seit Ende Juli offiziell Beitrittsgespräche mit Skopje. Bis zum Beitritt des Balkanlandes zu dem Verteidigungsbündnis dürften allerdings noch etwa 18 Monate vergehen.

(Grafik 0632-18, Format 88x158 mm)