Neues von Nicolas Mahler: Gezeichnete Unbildung, gereimte Erotik
Wien (APA) - Nicolas Mahler ist nicht nur Österreichs mit Abstand prominentester Comic-Zeichner und Illustrator von Weltliteratur von Marcel...
Wien (APA) - Nicolas Mahler ist nicht nur Österreichs mit Abstand prominentester Comic-Zeichner und Illustrator von Weltliteratur von Marcel Proust bis Robert Musil, sondern auch ein unermüdlich nach neuem Material Stöbernder. Die ganze Bandbreite seiner Studien belegen zwei Neuerscheinungen: In „Die kleine Unbildung“ illustriert er Konrad Paul Liessmann, „solar plexy“ wartet mit erotischen Gedichten auf.
In „Partyspaß mit Kant“ hatte Mahler eine kurze Comic-Geschichte der Philosophie von Platon bis Michel Foucault vorgelegt. Für „Die kleine Unbildung“ hat er nun das Werk eines einzigen Denkers durchforstet: Sechs Bücher des Wiener Publizisten, Philosophie-Professors und Leiters des Philosophicums Lech Konrad Paul Liessmann, von der „Philosophie des verbotenen Wissens“ (2000) bis zu „Bildung als Provokation“ (2017), hat er durchforstet und ausgewählte Zitate illustriert. Da rattert ein kleiner Staubsauger-Roboter zum Satz „Die Musen haben einen Feind, dem sie nicht gewachsen sind - das Nützliche“ rund um eine Marmorstatue, da starrt ein Knollnasen-Männchen in eine gefährlich tiefe, schluchtartige Bildungslücke.
Besonders genüsslich hat der Zeichner seinem „Liessmann für Analphabeten“ folgendes Fundstück aus dem Werk des bekannt scharfen Kritikers des herrschenden Bildungssystems als Vorwort vorangestellt: „Neben der umstrittenen Methode, Schreiben nach dem Gehör zu lernen, zählt der Versuch, die Lesefähigkeit zu steigern, indem man Texte drastisch vereinfacht, zu den problematischen Strategien einer umfassenden Praxis der Unbildung.“ Am 30. September wird das Buch im Stadtkino Wien präsentiert: Konrad Paul Liessmann spricht mit der Journalistin Lisa Nimmervoll, Nicolas Mahler signiert anschließend das Buch. (Nicolas Mahler: „Die kleine Unbildung. Liessmann für Analphabeten“, Zsolnay, 112 Seiten, 16,50 Euro, ISBN 978-3-552-05912-2. Präsentation am 30.9., 12 Uhr, im Stadtkino im Künstlerhaus, Wien 1, Akademiestraße 13)
In seinen Büchern „dachbodenfund“ und „in der isolierzelle“ hatte Nicolas Mahler Spielzeugauktionskataloge sowie Hobby- und Technikmagazine als Ausgangspunkt von Textcollagen und entsprechenden Zeichnungen genommen. Zum Abschluss der Reihe hat er in Erotikmagazinen der 60er- und 70er-Jahre gestöbert. Sie heißen etwa „frech“, „sexy“ und „hexy sexy“ und haben dem Band seinen Namen gegeben: „solar plexy“.
Schlüpfrig oder gar anstößig sind die aus dem einschlägigen Jargon montierten Gedichte und die dazu gesellten 30 Aquarelle erstaunlicher Weise nie. Sie sind schlimmstenfalls befremdend, meist jedoch bizarr, skurril, heiter und meist unbeholfen, weil vergeblich nach passendem Ausdruck ringend. Was Nicolas Mahler aus dem „rassigsten käfer, der mir je zu gesicht gekommen war“ macht, oder wie er Reichweiten-Unterschiede geschleuderten Ejakulats illustriert, lässt darauf hoffen, dass er eines Tages auch ein Aufklärungsbuch für Kinder verfassen und illustrieren wird. Ganz ohne Bienchen und Blümchen. (Nicolas Mahler: „solar plexy“, Luftschacht Verlag, 96 Seiten, 15,40 Euro, ISBN 978-3-903081-29-1)