Mordprozess in Wiener Neustadt mit Zeugenbefragungen fortgesetzt
Wiener Neustadt (APA) - Bei der Fortsetzung eines Mordprozesses gegen einen 59-Jährigen in Wiener Neustadt sind am Dienstag weitere Zeugen g...
Wiener Neustadt (APA) - Bei der Fortsetzung eines Mordprozesses gegen einen 59-Jährigen in Wiener Neustadt sind am Dienstag weitere Zeugen gehört worden, darunter die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten und ein Polizist. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Niederösterreicher vor, im Oktober 2017 eine 70-Jährige in deren Wohnung in Neunkirchen erstochen zu haben. Er bekannte sich weiterhin nicht schuldig.
Laut seiner ehemaligen Lebensgefährtin war der 59-Jährige im Dezember 2015 nach einer On-Off-Beziehung bei ihr ausgezogen. Im Herbst 2017 habe sie ihn etwa zwei Mal pro Woche gesehen, für ihn Wäsche gewaschen und gekocht, berichtete sie am Dienstag im Zeugenstand. Den Kontakt brach sie im November 2017 ab, „weil er sehr eifersüchtig und einnehmend war“: „Es hat an meinen Nerven genagt, ich wollte einfach meine Ruhe haben“, das habe er aber nicht akzeptiert und sei „ständig ums Haus herumgeschlichen“. Sie berichtete weiters von finanziellen Problemen ihres Ex-Partners, er habe sie und ihre Tochter aber auch immer wieder mit Geld unterstützt.
In der Nacht auf den 8. Oktober hatte die Frau die Pensionistin gesehen, die auf dem Heimweg von einer Geburtstagsfeier war. „Was tut meine alte Nachbarin um die Zeit noch unterwegs?“, schilderte die Zeugin ihre Gedanken.
Am 8. Oktober hatte ihre Tochter tagsüber einen Streit im Mehrparteienhaus wahrgenommen. „Ich habe einen Pumperer gehört“, so die 18-Jährige, die Auseinandersetzung sei „heftiger als sonst, also länger“ gewesen. Sie nahm an, dass das Geräusch von der Wohnung oberhalb gekommen sei. Ihre Mutter erzählte, sie habe ein „Jammern“ gehört.
Eine Bekannte hatte am 9. Oktober erfolglos versucht, die 70-Jährige telefonisch zu erreichen. Am 11. Oktober kam die 59-Jährige gemeinsam mit ihrer Tochter nachschauen. Mit einem „mulmigen Gefühl“ seien sie in die Wohnung im Parterre gegangen, in der sie die Leiche entdeckten: „Ich bin in der Panik sofort raus.“
Vor Eintreffen der von der 59-Jährigen verständigten Exekutive waren die Fenster in der Wohnung aufgrund des starken Geruchs geöffnet worden, die Rettungskräfte befanden sich draußen. Zwischen Küche und Esszimmer sei das Opfer „in einer sehr untypischen Haltung am Boden gelegen“, schilderte ein Polizist als Zeuge. Üblich sei es schon, dass ein Arzt den Tod feststelle - man habe aber keinen erreicht.
Er sei von einem „bedenklichen Todesfall“ ausgegangen, das Landeskriminalamt wurde verständigt, die Staatsanwaltschaft nicht. Die zuständigen Ermittler hatten den Tatort nicht im ursprünglichen Zustand vorgefunden. „Die Leiche ist maximal umgedreht worden“, meinte der Polizist auf die Frage der Richterin. Mitarbeiter der Bestattung hatten damit begonnen, die Tote für den Abtransport vorzubereiten und beim Öffnen der stark blutgetränkten Weste Schnittwunden bemerkt. „So, wie das gelaufen ist, war suboptimal“, stellte die vorsitzende Richterin fest.
Dem 59-Jährigen wird angelastet, der Pensionistin insgesamt 35 Stiche gegen den Kopf, Hals-/Nackenbereich und Oberkörper zugefügt zu haben, von denen sieben die Lunge und davon zwei auch das Herz durchdrangen. Am Tatort gefundene DNA-Spuren hatten zum 59-Jährigen geführt. Im April wurde der Niederösterreicher festgenommen. Der Angeklagte hatte am ersten Prozesstag im Juli ausgesagt, die Leiche der 70-Jährigen entdeckt zu haben. Daraufhin sei er in Panik geraten, die Einsatzkräfte habe er nicht verständigt.
Neben weiteren Zeugenbefragungen stand am Dienstag noch die Erörterung eines gerichtsmedizinischen und eines psychiatrischen Gutachtens am Programm. Ein Urteil war für die Abendstunden geplant.