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Zangerl fordert von der EU Klage gegen das Arbeitszeitgesetz

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Die AK Tirol übermittelt Brüssel eine Beschwerde und regt wegen europarechtswidriger Punkte ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich an.

Von Peter Nindler

Innsbruck –Seit 1. September gilt in Österreich die Arbeitszeitflexibilisierung. Für den Tiroler Arbeiterkammerpräsidenten Erwin Zangerl (ÖVP) ist der darin enthaltene 12-Stunden-Tag bzw. die 60-Stunden-Woche ein Frontalangriff auf die Gesundheit, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Freizeit und die Einkommen der Arbeitnehmer-Familien. „Und die Freiwilligkeit ist in der Realität ein Hohn.“ Die Proteste der Arbeitnehmervertreter wie Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund blieben jedoch politisch erfolglos, die türkis-blaue Koalition und die NEOS haben das neue Arbeitszeitgesetz ohne Begutachtung im Nationalrat abgesegnet. Jetzt will die Tiroler Arbeiterkammer die „Novelle des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes“ durch die Hintertüre und über den Umweg der EU-Kommission kippen.

Am Dienstag hat die AK dem Generalsekretariat der EU-Kommission in Brüssel eine entsprechende Binnenmarktbeschwerde übermittelt. Wie Erwin Zangerl gegenüber der TT betont, „ist das neue Gesetz aus unserer Sicht in Teilen als europarechtswidrig zu qualifizieren, weil es den Bestimmungen der Arbeitszeitrichtlinie und der Grundrechtecharta entgegensteht“.

Konkret bezieht sich die AK Tirol auf zwei Personengruppen, die vom Geltungsbereich ausgenommen sind: nahe Angehörige der Arbeitgeber und leitende Angestellte, denen maßgebliche selbstständige Entscheidungsbefugnis übertragen und deren gesamte Arbeitszeit nicht gemessen oder im Voraus festgelegt werden könne. „Durch die Herausnahme von Angehörigen und ArbeitnehmerInnen mit selbstständiger Entscheidungsbefugnis wird ihr allgemeines Schutzniveau bei der Arbeitszeit und Arbeitsruhe völlig auf null reduziert“, begründet Zangerl den Schritt der Arbeiterkammer.

Gleichzeitig ortet die Interessenvertretung einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot, weil die Betroffenen gänzlich aus dem Schutz des Arbeitszeitgesetzes herausfallen würden. Und drittens verweist die Arbeiterkammer in ihrem Schreiben an die Europäische Kommission auf die EU-Grundrechtecharta. Demnach hätten Arbeitnehmer das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit sowie auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten.

Offen spricht Zangerl von arbeitszeitlicher Willkür, der die betroffenen Arbeitnehmer ausgesetzt werden könnten. „Die Tiroler Arbeiterkammer regt daher dringend an, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich einzuleiten“, fordert Zangerl die EU zum Handeln auf. Für ihn ist die Beschwerde natürlich auch der Hebel, um das Gesetz generell zu kippen. „Wir setzen deshalb auf Brüssel“, gibt Zangerl unumwunden zu. Am meisten stört ihn die von der Bundesregierung stets behauptete Freiwilligkeit beim 12-Stunden-Tag und die Aushebelung der Mitbestimmung.

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