Kindersklave, Kammerdiener, Kuriosum: Angelo Soliman
Wien (APA) - Verkaufter Kindersklave, geachteter Kammerdiener, intellektueller Freimaurer und ausgestopftes Kuriosum: Die Lebensgeschichte d...
Wien (APA) - Verkaufter Kindersklave, geachteter Kammerdiener, intellektueller Freimaurer und ausgestopftes Kuriosum: Die Lebensgeschichte des gebürtigen Afrikaners Angelo Soliman zur Mitte des 18. Jahrhunderts im höfischen Wien ist so unglaublich wie gut dokumentiert. Und sie dient Regisseur Markus Schleinzer nun als Vorlage seines historischen Essays „Angelo“.
Geboren wurde Soliman um 1721 in Afrika, von wo er noch als Kindersklave nach Sizilien verkauft wurde. In Messina kam er ins Haus einer reichen Dame, die ihn nach europäischem Vorbild erzog und mutmaßlich auch mit seinem Namen Angelo Soliman versah. Mitte der 1730er kam er in den Dienst von Feldmarschall Lobkowitz und lebte auf dessen böhmischem Landsitz.
Mit Lobkowitz‘ Tod kam Soliman 1753 nach Wien, wo er im Hofstaat der Fürsten Liechtenstein als Kammerdiener und Kindererzieher tätig war und schließlich sogar die Oberhoheit über die Dienerschaft übernahm. Gleichzeitig aber auch - wie zu dieser Zeit üblich - musste er als exotisches „Prunkstück“ für höfische Repräsentation herhalten.
Zugleich war Solimans Vita stets vom Ringen um Autonomie geprägt. So heiratete der dunkelhäutige Wiener gegen den Willen seines Herrn Magdalena, mit der er die Tochter Josephine hatte, kaufte sich ein Haus und fiel vorrübergehend in Ungnade und wurde entlassen, bevor ihn der neue Fürst Liechtenstein wieder einstellte. Soliman verkehrte als Freimaurer überdies mit Mozart und bedeutenden Wissenschaftern seiner Zeit und soll auch zur Gesellschaft um Kaiser Josephs II. gehört haben.
Einseitige Abhandlungen, welche den Weg Solimans als Beispiel geglückter Zivilisationsfähigkeit zum gebildeten, gottesfürchtigen „Neger“ interpretierte, nährten die fortschreitende Legendenbildung über den einstigen „Hofmohren“. Angesichts dieser zwischen Emanzipation und Zwangsassimilation changierenden, aber jedenfalls beachtlichen Karriere nahm die Geschichte des Zwangsösterreichers nach dessen Tod am 21. November 1796 eine unbestritten tragische Wendung. Solimans Leiche wurde geschändet, sein Körper als halb nackter „Wilder“ für das kaiserlich-königliche Naturalienmuseum präpariert und präsentiert. 1806 wurde das Exponat aus der Schausammlung entfernt und verbrannte 1848 im Zuge der Revolution. Das unrühmlich Ende eines ungewöhnlichen Lebensweges.