EU-Agrarministerrat in Österreich - Förderungen ab 2021 noch ungewiss
Schlosshof (APA) - Die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und den Milliarden-Förderungen nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus de...
Schlosshof (APA) - Die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und den Milliarden-Förderungen nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU war das Hauptthema beim informellen Treffen der EU-Agrarminister in Schloßhof (NÖ). Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) zeigte sich mit dem Gipfel zufrieden. Für Aufsehen sorgte ein Plädoyer der bekannten TV-Köchin Sarah Wiener gegen die Agrarpolitik.
Wiener war auf Einladung der österreichischen Ratspräsidentschaft beim Agrarministertreffen und kritisierte vor den Landwirtschaftsminister in einem Kurzplädoyer die industrielle Landwirtschaft und die Supermarktketten. „Wir müssen erkennen, dass wir einen falschen Weg eingeschlagen haben und gegangen sind.“ Die Agrarindustrie und der Handel haben „den Bauern die Würde genommen“. Die TV-Köchin und Buchautorin forderte die anwesenden Agrarminister auf aktiv zu werden: „Sie haben die moralische Aufgabe, die Vielfalt unserer Landwirtschaft zu schützen.“
Die Kritik der TV-Köchin an der EU-Agrarpolitik stieß bei den Landwirtschaftsministern teilweise auf keine Zustimmung. Man müsse auch Meinungen, die in der Öffentlichkeit vorherrschen, einen Raum geben, sagte Köstinger nach dem Treffen der Agrarminister vor Journalisten. „Wir haben sie sehr gerne eingeladen.“
Köstinger zeigte sich mit dem Ergebnis des informellen Agrarministerrats zufrieden. Man habe eine „breite Unterstützung“ erreicht, die vielfältige Funktion der Bauern in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für die Jahre 2021 bis 2027 zu berücksichtigen. Eine „allgemeine Ausrichtung“ („general approach“) der GAP in der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft bis Jahresende zu erreichen, sei möglich aber schwierig. „Es sind sehr, sehr viele Detailfragen und Knackpunkte noch offen.“
EU-Agrarkommissar Phil Hogan schloss sich auf Journalistennachfrage der Kritik des Europäischen Rechnungshofes gegenüber hohen Agrarförderungen an. „Ich stimme mit der Kritik absolut überein“, sagte Hogan nach dem Ministertreffen. Sein Plan zur Deckelung der Direktzahlungen sei weiterhin aufrecht.
Der Europäische Rechnungshof (EuRh) verlangt eine Kurskorrektur bei den Agrarförderungen zugunsten kleinerer Betriebe. „Wir Rechnungsprüfer haben Zweifel, dass die Zielsetzung in der Agrarpolitik noch den Vorgaben in den Verträgen entspricht“, sagte Behördenpräsident Klaus-Heiner Lehne am Montag in einem Interview. Derzeit fließen rund 40 Prozent des gesamten EU-Haushalts - etwa 58 Mrd. Euro - jedes Jahr in die europäische Landwirtschaft.
Der EU-Agrarkommissar hat heuer ein Begrenzung („Capping“) von Direktzahlungen (1. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik) vorgeschlagen. Die Förderhöhe in der Ländlichen Entwicklung (2. Säule) soll aber nicht begrenzt werden. Hogan will Direktzahlungen an die Landwirte im Rahmen des nächsten EU-Budgets 2021-2027 ab 60.000 Euro kürzen und ab 100.000 Euro je Betrieb deckeln. Die Arbeitskosten der Betriebe soll bei der Förderhöhe berücksichtigt werden. Ob große Agrarländer wie Deutschland und Frankreich dem Vorschlag zustimmen, ist derzeit noch offen.
Weit entfernt vom Tagungsort der Agrarminister und abgeschirmt durch ein Großaufgebot der Polizei gab es eine Demonstration, der „Wir haben es satt!“-Plattform, unter anderem mit Aktivisten von ÖBV-Via Campesina Austria, IG-Milch, FIAN Österreich, Südwind, Attac Österreich, GLOBAL 2000, Greenpeace sowie Grüne Bauern und Bäuerinnen. Neben viel Kritik gab es auch etwas Lob: „Frau Ministerin Köstinger ist anzurechnen, dass sie den klassischen Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik öffnet und beim Agrarministerrat auch die dringend notwendige Frage der unfairen Handelspraktiken thematisiert“, hieß es von Umweltorganisation GLOBAL 2000. „Eine Agrarpolitik, die ‚globale Wettbewerbsfähigkeit‘ ins Zentrum stellt, schwächt die europäischen Bauern und Bäuerinnen im ihrem Existenzkampf gegen die Macht der Agrarmultis und der exportorientierten Lebensmittelindustrie“, kritisierte Attac.
„Das aktuelle System ist nicht nur teuer und ineffizient, sondern versagt auch großteils beim Umwelt- und Klimaschutz. Daher braucht es einen echten Kurswechsel in Richtung mehr ökologischer Nachhaltigkeit und Fairness“, forderte Hanna Simons, Leiterin der Natur- und Umweltschutzabteilung beim WWF.