Konservativer Unionsflügel: Die „Merkel-Dämmerung“ hat begonnen

Berlin (APA/AFP/Reuters) - Der konservative Unionsflügel sieht die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel durch die Niederlage von Volker Ka...

Berlin (APA/AFP/Reuters) - Der konservative Unionsflügel sieht die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel durch die Niederlage von Volker Kauder (beide CDU) bei der Wahl des Unionsfraktionschefs massiv geschwächt. „Mit dem heutigen Tag hat die Merkel-Dämmerung unwiderruflich begonnen“, erklärte der Vorsitzende der Werteunion, Alexander Mitsch, am Dienstag.

Der Sieg des bisherigen Fraktionsvizes Ralph Brinkhaus gegen den von Merkel unterstützten Amtsinhaber Kauder zeige, „wie groß sogar in der bisher sehr folgsamen Fraktion der Wunsch nach einem inhaltlichen und personellen Neuanfang an der Spitze ist.“

Für Mitsch ist das Ergebnis „ein klares Votum in Richtung der Parteivorsitzenden und Kanzlerin, den bisherigen Kurs, besonders in der Asylpolitik, endlich zu ändern“. Für die Union eröffne „dieser erste Dominostein die Chance, zukünftig mit einem wieder klaren christdemokratischen Profil zu alter Stärke aufzulaufen“.

Der 50-jährige Brinkhaus setzte sich bei der Wahl des Fraktionsvorsitzenden überraschend gegen den auch von CSU-Chef Horst Seehofer unterstützten Kauder durch. Der bisherige Fraktionsvize und Finanzexperte aus Nordrhein-Westfalen erhielt 52,7 Prozent der Stimmen.

Die FDP geht davon aus, dass die überraschende Wahl von Brinkhaus die Politik der Bundesregierung massiv beeinflussen wird. „Die Unionsfraktion will einfach nicht nur die Erfüllungsgehilfin des Kanzleramtes sein“, sagte FDP-Chef Christian Lindner am Dienstag in Berlin. „Deshalb hat das weitreichende Auswirkungen auf die Politik der Bundesregierung, auch die Autorität der Kanzlerin.“ Mit Blick auf Kanzlerin Angela Merkel erklärte er: „Das ist ein Signal der Erneuerung und der Endzeit der Ära Merkel zugleich.“ Neuwahlen halte er aber für nicht wahrscheinlich.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hält die Union nach der Wahl von Brinkhaus für „zutiefst gespalten“. Die Entscheidung für Brinkhaus und die Abwahl des von Merkel unterstützten Kauder seien ein „Ausdruck für ganz viele ungelöste Konflikte“, sagte Hofreiter am Dienstag im Fernsehsender Phoenix. Die Union sei „nicht mehr in der Lage, vernünftig zusammenzuarbeiten“, und „kaum mehr regierungsfähig“.