Der Körper als Gemälde
Der österreichische Aktionskünstler Günter Brus wird heute 80 Jahre alt.
Von Gerlinde Tamerl
Innsbruck –Das Bild eines weiß gekalkten Gesichtes, das wie tot erscheint und von einer horizontalen Naht durchschnitten wird, gräbt sich tief ins Gedächtnis des Betrachters ein. Es handelt sich um eine Schwarz-Weiß-Fotografie aus dem Jahr 1964, in welcher der Aktionskünstler Günter Brus seinen Körper in den Mittelpunkt des künstlerischen Geschehens stellt. Er selbst schrieb über seine Selbstbemalung: „Ich konzipiere meinen eigenen Körper und den Malvorgang als Gemälde.“
Günter Brus, der heute achtzig wird, hat mit seinen Kunstaktionen vor allem in den 60er-Jahren für Aufsehen gesorgt. Brus, 1938 in der Steiermark geboren, zählt zu den Mitbegründern des Wiener Aktionismus und sein Name ist untrennbar mit der „Uni-Ferkelei“ von 1968 verbunden, die im damaligen Österreich für Aufregung sorgte. Günther Dankl, er ist Kustos der Kunstgeschichtlichen Sammlungen ab 1900 im Landesmuseum Ferdinandeum, bezeichnet Brus als „wohl radikalsten Vertreter des Wiener Aktionismus“. Die eingangs erwähnten Fotografien gehören zur Sammlung des Ferdinandeums und sind dort auch ausgestellt. Die Arbeiten beziehen sich auf Brus’ berühmte Aktion unter dem Titel „Wiener Spaziergang“ von 1965. Brus spazierte von Kopf bis Fuß weiß bemalt mit einem schwarzen Strich, der seinen Körper in zwei Hälften teilte, über den Heldenplatz. Heute wäre der Künstler höchstens ein beliebtes Instagram-Motiv, doch damals wurde er von der Polizei aufgehalten. Dankl erklärt die künstlerische Position der „Selbstbemalung“ so: „Brus versucht sich bereits in den frühen 1960er-Jahren in der abstrakten Malerei. Parallel zu seinen Aktionen beginnt er eine Malerei zu entwickeln, die den Rahmen sprengt: Zuerst malt er über den Rahmen hinaus und bemalt den Raum, der seine Bilder umgibt. Schließlich macht er den eigenen Körper zur Leinwand.“