Grasser-Prozess - Gescheiterte Aktien-Leihe und das Doppel-S
Wien (APA) - Das Konto der Briefkastengesellschaft Mandarin bei einer Bank in Liechtenstein steht Mittwochvormittag weiter im Zentrum der Be...
Wien (APA) - Das Konto der Briefkastengesellschaft Mandarin bei einer Bank in Liechtenstein steht Mittwochvormittag weiter im Zentrum der Befragungen des mitangeklagten Schweizer Vermögensverwalters Norbert Wicki im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere. Richterin Marion Hohenecker verfolgte akribisch die Transaktionen auf dem Mandarin-Konto.
Auf dem Mandarin-Konto war Wickis eigene Mutter als wirtschaftlich Berechtigte der kontoführenden Bank angegeben worden, weil sie laut Wicki eine höhere Erbschaft erwartet hätte. Tatsächlich gab es aber kein Geld von Wickis Mutter auf dem Konto, sondern Bargeldeinzahlungen im Jahr 2008 in Höhe von rund 943.000 Euro, die laut Wicki sein eigenes Geld waren. Weiters flossen 500.000 Euro von einem Konto in Liechtenstein, auf dem ein Teil der Buwog-Provision lag, auf das Mandarin-Konto.
Dieses Liechtenstein-Konto gehörte Walter Meischberger, versichern dieser und Wicki. Die Staatsanwaltschaft rechnet dieses Liechtenstein-Konto und das Mandarin-Konto aber dem Hauptangeklagten Grasser zu. Auch zahlreiche Wertpapiere wurden am Mandarin-Konto gekauft und verkauft. Schließlich wurde auch das „Schwiegermuttergeld“ Grassers, vermehrt durch den Ertrag aus dem Hypo-Genussschein, von der Meinl Bank auf das Mandarin-Konto transferiert, rund 784.000 Euro.
Mit dem Geld, das Meischberger über einen Kreditvertrag der Mandarin geliehen hatte, wurden Meinl International Power-Aktien gekauft, sagte Wicki. Damit habe Meischberger bei den Hauptversammlungen der MIP - wo Grasser Manager war - stimmen wollen, ohne dass er namentlich aufscheine. Das habe man mittels eines „Securities Lending Vertrag“ (datiert mit 6. Oktober 2008) versucht, wodurch Meischbergers MIP-Aktien an die Mandarin geliehen wurden. Für die Stimmrechtsausübung hätte man aber den tatsächlich Wirtschaftlich Berechtigten - Meischberger - angeben müssen, das habe Meischberger aber nicht gewollt. Daher sei die Stimmrechtausübung bei der MIP-HV gescheitert. „Meischberger ist mit seinem Ansinnen an mich gekommen“, sagte Wicki.
Meischberger gibt im Prozess an, Grasser habe nichts von seinen MIP-Aktien gewusst. Grasser sagte heute, er habe damals als MIP-Manager in ganz Europa versucht, Stimmen zu sammeln gegen eine feindliche Übernahme. Mittels Securities-Lending-Verträgen hätten verschiedene Aktionäre ihre Stimmrechte übertragen. „Wir haben immer transparent offengelegt, für den Anleger üben wir die Stimmrechte aus - da hat das Securities Lending funktioniert.“
Meischberger sagte heute zum Securities-Lending-Vertrag, er habe ihn unterschrieben. „Ich werde das sicher gelesen haben, aber nicht rechtlich in der Tiefe, da war ich gar nicht in der Lage das genau zu lesen“, sagte er heute. Wicki habe ihn damals über die Möglichkeit eines derartigen Vertrags informiert.
Zu einem Exkurs über die Rechtschreibregeln in Österreich und der Schweiz kam es, als die Richterin ein Dokument vorlegte, das von Meischberger unterschrieben und an die Mandarin gerichtet war. Darin erklärt Meischberger, er habe MIP-Aktien auf das Mandarin-Konto übertragen. Wicki erklärte, er bzw. seine Firma habe dieses Schreiben nicht verfasst - als Richterin Hohenecker darauf hinwies, dass auf diesem Brief „Mit freundlichen Grüssen“ mit Doppel-S geschrieben war. Das entspricht der Schweizer Rechtschreibung, die kein scharfes „ß“ kennt. Meischberger mischte sich ein und meinte, wegen der Debatte zur Abschaffung des scharfen „ß“ „hat man sehr oft, sicherheitshalber, mit Doppel-S geschrieben - so habe ich‘s zumindest gemacht, vor zehn Jahren“, sagte er. Der verdutzten Richterin sagte er dann: „Sie schauen mich an wie meine Lehrerin damals.“ Hohenecker konterte: „Ich komm mir auch so vor.“
Meischberger habe für die Vermögensverwaltung keine Gebühren an die Gesellschaft von Wicki, die Private Asset Partners, gezahlt, hielt die Richterin fest. Die Gebühr war nämlich vom gesamten Vermögen auf dem Mandarin-Konto abgezogen worden. Meischberger erhielt die 500.000 Euro gemäß Kreditvertrags mit 32.000 Euro Zinsen zurück - Gebühr fiel für ihn nicht an.
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