Moskau weist Bericht über Geheimdienstagenten im Fall Skripal zurück
Moskau (APA/AFP) - Erneutes Dementi aus Moskau im Fall Skripal: Der Kreml hat einen Bericht über die Identität eines der beiden Verdächtigen...
Moskau (APA/AFP) - Erneutes Dementi aus Moskau im Fall Skripal: Der Kreml hat einen Bericht über die Identität eines der beiden Verdächtigen im Zusammenhang mit dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Doppelagenten in Großbritannien als Ablenkungsmanöver abgetan.
Die Veröffentlichung sei mit dem Auftritt der britischen Premierministerin Theresa May im UN-Sicherheitsrat abgestimmt gewesen, erklärte die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag. Das in Großbritannien ansässige Recherchenetzwerk Bellingcat hatte am Mittwoch einen Bericht veröffentlicht, wonach einer der Männer, die London für den Anschlag auf Sergej Skripal und seine Tochter im März verantwortlich macht, ein 39-jähriger Oberst des russischen Militärgeheimdienstes GRU ist.
Der Mann mit dem Decknamen Ruslan Boschirow heiße in Wirklichkeit Anatoli Tschepiga und sei 2014 mit dem Ehrentitel „Held der russischen Föderation“ ausgezeichnet worden, hieß es in dem Bericht. Es sei „sehr wahrscheinlich“, dass Staatschef Wladimir Putin Tschepiga kenne, weil er in der Regel solche Auszeichnungen persönlich übergebe. Dass ein solch hochrangiger Offizier für einen Einsatz ins Feld geschickt werde, sei überraschend und impliziere einen Befehl „von höchster Ebene“, hieß es weiter.
Die russische Außenamtssprecherin Sacharowa bezeichnete die Bellingcat-Recherchen als Ablenkungsmanöver von „der wichtigsten Frage: Was passierte in Salisbury?“ Es sei noch kein Beweis für eine Verwicklung „von irgendjemandem“ in den Vorfall vorgelegt worden. „Es gibt keinen Beweis - also setzen sie ihre Informationskampagne fort“, schrieb Sacharowa im Online-Netzwerk Facebook.
Die britische Polizei hatte Anfang September zwei Verdächtige in dem Fall identifiziert, die vermutlich unter den Decknamen Alexander Petrow und Ruslan Boschirow nach Großbritannien eingereist seien. Eine Woche später präsentierten sich die beiden gesuchten Männer im russischen Fernsehen als unbescholtene Touristen. Auch Kreml-Chef Wladimir Putin bezeichnete sie als Zivilisten.
In dem Interview sagte der sich als Boschirow ausgebende Mann, er und sein Freund seien nach Großbritannien geflogen, um „die berühmte Kathedrale von Salisbury zu besichtigen“. „Sie ist für ihren 123 Meter hohen Turm und ihr Glockenspiel bekannt, das das älteste der Welt ist, das bis heute funktioniert“, fügte er hinzu. Das Interview hatte weltweit für Hohn und Spott gesorgt.
Der ehemalige russische Doppelagent Skripal und seine Tochter Julia waren Anfang März in der südenglischen Stadt Salisbury durch das in der Sowjetunion entwickelte Nervengift Nowitschok schwer verletzt worden und nur knapp dem Tode entronnen. Eine dritte Frau, die später mit dem Gift in Kontakt kam, starb.
Die britische Regierung macht Moskau für die Anordnung des Anschlags verantwortlich, der Kreml weist jegliche Verantwortung zurück. Der Fall führte zu einer schweren Krise zwischen Russland und dem Westen, beide Seiten veranlassten die Ausweisung dutzender Diplomaten.
May griff Moskau am Mittwoch in New York erneut wegen des Giftanschlags an. Russland habe nur im Sinn, mit „verzweifelten Lügenmärchen“ Verwirrung zu stiften, sagte sie.