Kindesabnahmen: Liste Pilz fordert unabhängige Ombudsstelle
Wien (APA) - Die Liste Pilz fordert eine unabhängige Bundes-Ombudsstelle für Menschen, die von ihrer Meinung nach nicht gerechtfertigten Kin...
Wien (APA) - Die Liste Pilz fordert eine unabhängige Bundes-Ombudsstelle für Menschen, die von ihrer Meinung nach nicht gerechtfertigten Kindesabnahmen betroffen sind und die Beschleunigung der gerichtlichen Verfahren in solchen Fällen. Außerdem urgiert die Liste bundeseinheitliche Richtlinien für psychiatrische Gutachten im Bereich der Familiengerichtsbarkeit.
Erläutert wurden die Forderungen am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien anhand zweier konkreter Beispiele: Ein Vater, dessen zehnjähriger Sohn seit Ende Mai vergangenen Jahres „fremduntergebracht“ ist und der aus der betreuten Wohngemeinschaft, in der er seit Anfang August 2017 lebte, flehentliche Botschaften mit der Bitte verfasste, doch wieder heim zu Mama, Papa und seinen beiden Brüdern zu dürfen. Parallel dazu setzte es heftige Kritik an dem am 18. September mit einem - nicht rechtskräftigen - Freispruch für einen Salzburger Psychologen zu Ende gegangenen Verfahren. Er soll als Gutachter in Obsorge- und Pflegschaftsverfahren falsche Gerichtsgutachten erstellt haben.
Wieso sein Sohn nicht nach Hause darf, ist für den Wiener nach eigenen Angaben nicht nachvollziehbar. Er war den Eltern so wie sein um drei Jahre älterer Bruder vom Jugendamt abgenommen worden, nachdem der 13-Jährige erklärt hatte, er werde vom Vater geschlagen. Der ältere kam im November wieder nach Hause, der jüngere, der laut seinem Vater keine derartige Anschuldigung erhoben hatte, nach wie vor nicht. Allerdings, so der Wiener, sei der Bub in der betreuten Wohngemeinschaft geschlagen worden. Diese Einrichtung in der Nähe von Graz wurde jüngst geschlossen, der Vater hofft, dass der Bub jetzt zumindest nach Wien kommt. Der Wiener beklagte die Säumigkeit des Gerichts.
„Wir haben ein gerichtsorganisatorisches Problem“, konstatierte Justizsprecher Noll. Er wirft der Regierung Sparen am falschen Platz vor - es gebe zu wenige Planstellen in dem Bereich. Richter wälzten Aufgaben daher an Sachverständige ab. „Wir haben in Österreich generell ein Problem mit Sachverständigen“, erklärte der Liste-Pilz-Mandatar. Die Tätigkeit werde nicht sehr gut bezahlt, erst eine Fülle an Fällen ermögliche einem Gutachter ein Einkommen, von dem er leben kann.
Kritik an dem Urteil im erstinstanzlichen Verfahren gegen den Salzburger Gutachter wegen falscher Beweisaussage in 13 angeklagten Fällen kam von der Salzburger Mediatorin Margareth Tews: „Es sind viele Fragen offen geblieben.“ Der Experte habe in Salzburg ein Monopol für Gutachten gehabt und sei zehn Jahre lang unangreifbar gewesen. Der Freispruch erfolgte, obwohl deutsche Experten im Auftrag des Gerichts eklatante Mängel in den Expertisen feststellten.
Bei ihrer Kritik in Sachen Obsorge- und Pflegschaftsverfahren sieht sich die Liste Pilz in guter Gesellschaft. Erst jüngst hatte Volksanwältin Gertrude Brinek (ÖVP) die Erarbeitung von Mindeststandards für psychiatrische Gutachten gefordert. Kritik seitens der Volksanwaltschaft setzte es am Fehlen kinderanwaltlicher Vertrauenspersonen und am Mangel an Angeboten, um die Fremdunterbringung von Kindern zu vermeiden. Der Rechnungshof hat kritisiert, dass die Verfahren in der Familiengerichtsbarkeit nicht kürzer wurden.
Der Maßstab für Kindesabnahmen ist auch je nach Bundesland unterschiedlich, wie Peter Kolba, Leiter des Teams Bürgerrechte der Liste Pilz, auf Basis von Zahlen der Statistik Austria hervorhob: 2016 waren in Wien 1,06 Prozent fremduntergebracht, in Tirol hingegen nur 0,65. Prozent. Mit seinem Team Bürgerrechte möchte Kolba vermehrt solche Fälle aufgreifen. Nach einer Pressekonferenz zu diesem Thema im März habe man 170 Beschwerden erhalten. Diese würden nun geprüft.
~ WEB www.listepilz.at ~ APA340 2018-09-27/13:21