Laura Stigger holte Gold: Das Radl-Wunder aus Haiming
Nur zwei Wochen nach ihrem WM-Titel auf dem Mountainbike schlug Tirols Jungstar Laura Stigger in Tirol auf der Straße zu. Eltern, Freunde und Wegbegleiter streuten der 18-jährigen Seriensiegerin gestern Rosen.
Von Roman Stelzl
Innsbruck –Außer Atem, mit einsetzenden Krämpfen, brennenden Oberschenkeln und brennender Lunge stützte sich Laura Stigger entkräftet auf ihr Rennrad. Ein kurzer Augenblick der Ruhe nach der Zielankunft. Es sollte der letzte an diesem Tag sein.
Die 18-jährige Haimingerin sprang sogleich auf, schrie ihre Freude über den Innsbrucker Landestheaterplatz und fiel Papa Jochen und Mama Helene in die Arme: Gold im Juniorinnen-Straßenradrennen der Heim-WM – und das exakt 14 Tage nach dem zweiten WM-Titel im Nachwuchs auf dem Mountainbike in Lenzerheide (SUI)! Es ist nicht nur aus heimischer Sicht die Geschichte dieser Titelkämpfe. Und es kommt einem kleinen Wunder gleich. Aber eben nur einem kleinen, hatten der Mountainbike-Seriensiegerin, die das Verlieren erst noch lernen muss, doch viele einen solchen Husarenritt zugetraut. So wie Olympia-Mountainbiker, Orts- und damit auch Trainingskollege Charly Markt. „Das ist der absolute Wahnsinn, was Laura da abgezogen hat. Und das erst beim zweiten Straßen-Rennen – einfach unglaublich“, staunte der 38-jährige Haiminger, der mit Gregor Raggl an der Seite von Israel aus via Fernsehen mitfieberte. „Laura ist das taktisch so klug gefahren, sie hat auf dem Mountainbike alles Technische gelernt“, ergänzte Raggl, Österreichs derzeit bester Cross-Country-Fahrer.
Das bewies Stigger mit nur neun (!) Tagen Vorbereitung und nach überhaupt erst einem internationalen Rennen (Rang 14) in den Beinen. „Sie ist einfach eine Rennsau“, bestätigte ihr langjähriger Trainer Rupert Scheiber (49).
Angesprochen auf die „Unbesiegbarkeit“ entkam Papa Jochen, der lange eine Pressemappe mit allen Erfolgen geführt hatte (115 Siege in 173 Rennen bis Mai 2017), ein Lächeln. „Schaut ganz so aus. Dieser Erfolg bei der Heim-WM ist schon etwas Besonderes“, sagte Jochen Stigger und ergänzte: „Aber richtig schwierig war es, WM-Gold im Mountainbike in Lenzerheide zu holen. Den Titel zu verteidigen ist immer das Schwierigste.“
Da die Dichte auf den dünnen Reifen aber höher ist als jene auf den dickeren, würden dem wohl einige widersprechen. Auch Ernst Lorenzi, langjähriger Organisator des Ötztaler Radmarathons, der im Ziel dicke Tränen vergoss. Er soll auch derjenige gewesen sein, der Stigger die Tore für den Deal mit Red Bull als Kopfsponsor geöffnet hatte. Im Übrigen macht diese Kooperation während der WM nur Pause – das Ötztal nutzte die Chance und ist als „Teilzeit-Partner“ zurück.
Wohin der Weg nun führt? Vorerst zurück auf das Mountainbike. Denn bereits am Donnerstag wartet der Flug nach Buenos Aires (ARG), wo die Olympischen Jugend-Sommerspiele stattfinden. Dort wird sich die fünffache Europameisterin im Team-Bewerb in Szene setzen – jedoch erst Mitte Oktober nach gut zehn Tagen in Argentiniens Hauptstadt.
Es ist wohl die beste Zeit, um das Erreichte noch einmal Revue passieren zu lassen: WM-Titel im Mountainbike und Straßenrad, EM-Gold und insgesamt 13 Siege in 14 Rennen. Vielleicht kommt auch der eine oder andere Gedanke zum Thema Rückkehr auf das Rennrad. Wie erfolgreich das sein kann, hat Stigger ja jetzt bewiesen.