Auf Tuchfühlung mit „Schokoladenmädchen“ - Dresden zeigt Schätze
Dresden (APA/dpa) - Das berühmte „Schokoladenmädchen“ kann in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden bis Anfang 2019 neu entdeckt werden...
Dresden (APA/dpa) - Das berühmte „Schokoladenmädchen“ kann in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden bis Anfang 2019 neu entdeckt werden. Für die Ausstellung „Das schönste Pastell, das man je gesehen hat“ hängt das Werk des Schweizers Jean-Étienne Liotard (1702-1789) prominent an der großen Wand im Gobelinsaal statt im Pastellkabinett.
Das 1744 in Wien entstandene und 1745 für die Sammlung König August III. erworbene Pastell könne so nah und im Detail wie sonst nie betrachtet werden, sagte die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD), Marion Ackermann, am Donnerstag vor der Eröffnung. Provenienz, Ankauf, aber auch Meisterschaft und Modernität machten das Bild besonders. „Es ist einzigartig und sehr bemerkenswert, dass ein Werk der zeitgenössischen Kunst erworben wurde, unmittelbar nachdem es entstand.“ Es wurde hochgelobt und bewundert, wegen des makellosen Teints, der Stofflichkeit, der Weißtöne. „Die subtil abgestufte Farbigkeit erzeugte ein fließendes Kontinuum, so dass sie sich zu bewegen scheint.“
Das Bild verweist laut Ackermann schon sehr deutlich auf den späteren Realismus. Ein weiteres Kennzeichen seiner Modernität sei das Motiv. „Ein einfaches Stubenmädchen, das war extrem ungewöhnlich.“
Betitelt ist die von zahlreichen Sponsoren getragene Schau mit einem Zitat der Pastellmeisterin des 18. Jahrhunderts, Rosalba Carriera zu Liotards Werk: „das schönste Pastell, das man je gesehen hat“. Um „Das Schokoladenmädchen“ herum sind über 100 Werke dieser im Rokoko beliebten Technik, Ölgemälde, Zeichnungen und Grafiken versammelt. Rund 40 der Arbeiten stammen von Liotard, der sich inspiriert von Reisen durch das Osmanische Reich als „türkischer Maler“ inszenierte. „Er war unglaublich mobil und ständig auf Reisen, offen für alle Erfahrungen und Religionen“, sagte Ackermann. „Ein Europäer durch und durch.“
„Das Schokoladenmädchen“ zeigt eine Hausangestellte mit ockerfarbenem Mieder, weißer Schürze über grauem Rock und rosafarbener Seidenhaube. Sie hält ein Tablett mit einem Glas Wasser und einer Tasse mit heißer Schokolade in den Händen, wie das Luxusgut zum Frühstück serviert wurde: „sehr fetthaltig, mit vielen Gewürzen“, wie Galeriechef Stephan Koja erzählte. Kopien und Reproduktionen des Bildes zeugen von dessen Popularität. Leihgaben kommen aus Genf, Paris, London, Amsterdam, Utrecht, Köln, Los Angeles sowie aus Privatbesitz. In Workshops können Besucher Schokolade genießen und Pastell malen. „Wenn man es selbst erlernt, ist das eine andere Form des Sehens“, sagte Ackermann.
Wegen der grundlegenden Sanierung ihres Domizils im laufenden Betrieb kann die berühmte Gemäldegalerie seit fünf Jahren aus Platzgründen nur etwa die Hälfte ihrer Meisterwerke zeigen. Der Semperbau am Zwinger wird komplett am 7. Dezember 2019 wiedereröffnet, sagte Koja. Dazu werden über 1.200 Bilder Alter Meister und Skulpturen der Zeit im Dialog inszeniert. Bis dahin sind alle berühmten Hauptwerke wie Raffaels „Sixtinische Madonna“, Correggios „Heilige Nacht“, Vermeers „Brieflesendes Mädchen“ oder Liotards „Schokoladenmädchen“ zu sehen.