Shalom Aleichem“ - Van der Bellen besuchte Synagoge in New York
New York (APA) - Ein kräftiges „Shalom Aleichem“ schallte Bundespräsident Alexander Van der Bellen entgegen, als er am Donnerstag den letzte...
New York (APA) - Ein kräftiges „Shalom Aleichem“ schallte Bundespräsident Alexander Van der Bellen entgegen, als er am Donnerstag den letzten Termin am Rande der UNO-Vollversammlung in New York absolvierte. Der Besuch in der Park East Synagoge war aber auch ein Ausflug in ein trauriges Kapitel österreichischer Geschichte.
„Wisst ihr, wo der Rabbi geboren ist?“, fragte nämlich Gastgeber, Rabbi Arthur Schneier, die Mädchen und Buben, die in der Synagoge an der Upper East Side von Manhattan als Willkommensgruß das jüdische Friedenslied angestimmt hatten. „In Austria“, vermutete ein Bub, wohl nicht zuletzt wegen der anwesenden hohen Gäste aus Österreich, und der Rabbi nickte: „Yes, Vienna.“
1930 in Wien geboren, war Arthur Schneier 1938 als Achtjähriger nach Budapest geflohen. Dort überlebte er den Holocaust und emigrierte 1947 nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende des nationalsozialistischen Regimes in die USA. Bei dem Besuch von Van der Bellen, der von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) begleitet wurde, in der Synagoge zwischen der 67. und 68. Straße in Manhattan erinnerte sich der Rabbi aber noch deutlich an den November 1938, als in Wien die Synagogen brannten.
Gleich schlug er aber konziliante Töne an. „Heute ist Österreich ein Ort der Versöhnung“, erklärte Schneier den versammelten Buben und Mädchen, „es ist Mitglied der Europäischen Union und derzeit sogar ihr Ratsvorsitzender.“
„Österreich heute ist nicht das Österreich von 1938, als alle Synagogen bis auf eine zerstört wurden“, assistierte auch Van der Bellen. Allerdings, so räumte der Bundespräsident ein, habe es lange gedauert, bis die Österreicher eingestanden hätten, dass es unter ihnen während des Nationalsozialismus nicht nur Opfer, sondern auch Täter gegeben habe.
Derzeit, so versicherte das Staatsoberhaupt, brauche man sich keine Sorge über Antisemitismus in Österreich machen. Selbst wenn es hin und wieder Vorfälle in diese Richtung geben möge, etwa in den sozialen Netzwerken, sei dies in der Gesellschaft allgemein nicht akzeptiert.
Mit dem Rabbi besprach der Bundespräsident neben der Frage des Antisemitismus in Österreich und anderen europäischen Ländern auch aktuelle Themen des alten Kontinents, etwa die Situation vor den kommenden Europawahlen.
Rabbi Schneier, der nach der Emigration an der Yeshiva University von New York Theologie studierte, leitet seit 1962 als religiöses Oberhaupt die Park East Synagoge. Diese war vor 129 Jahren von deutschen und österreichischen Emigranten gegründet worden, erzählte ein Mitglied der Gemeinde. Sie ist auch ein soziales Zentrum mit Schule und Kindergarten.
1966 gründete Schneier die Stiftung „The Appeal of Conscience Foundation“. Die überkonfessionelle Organisation hat sich die Vermittlung von Frieden, Verständigung und Toleranz zum Ziel gesetzt.
Im Jahr 2001 erhielt er von Präsident Bill Clinton als erster Rabbiner die „Presidential Citizen Medal“, die zweithöchste zivile Auszeichnung der USA. Am 18. April 2008 empfing Schneier in der Park East Synagoge Papst Benedikt XVI. im Rahmen von dessen USA-Reise. Von Österreich wurde Schneider mit dem Karl-Renner-Preis (1996) und dem Goldenen Ehrenzeichen der Stadt Wien (2010) ausgezeichnet.
Während Bundespräsident Van der Bellen am morgigen Freitag wieder nach Wien zurückfliegt, hat die Außenministerin noch ein dichtes Programm. Am Freitag trifft sie unter anderen den iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif und dessen Kollegen aus Marokko, Nasset Bourita, und Tunesien, Khemaies Jhinaoui.
Am Samstag wird Kneissl ihre Rede vor der UNO-Vollversammlung halten. In ihrem Mittelpunkt werde die Notwendigkeit einer regelbasierten Außenpolitik stehen, die auf dem Vertrauen des internationalen Rechts basiere, hieß es im Vorfeld. Ein konkretes Thema war vorerst nicht bekannt. Die Rede will die Ministerin erst kurzfristig finalisieren, um auf wichtige Vorredner „replizieren“ zu können. Ganz sicher werde darin aber ihre Vielsprachigkeit reflektiert werden.