Breites Oeuvre, kritischer Blick: Florentina Pakosta wird 85

Wien (APA) - „Ich glaube, es ist erstmals mit dieser Ausstellung die wahre Positionierung von Florentina Pakosta gelungen“, zeigte sich Albe...

Wien (APA) - „Ich glaube, es ist erstmals mit dieser Ausstellung die wahre Positionierung von Florentina Pakosta gelungen“, zeigte sich Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder im Mai überzeugt. Die Retrospektive gab anhand von über 100 Arbeiten einen Überblick über ein Oeuvre, das in seiner Vielgestaltigkeit nicht aus derselben Hand zu stammen scheint. Am 1. Oktober feiert Pakosta ihren 85. Geburtstag.

Mit riesigen Männerporträts (u.a. von Helmut Zilk, Walter Koschatzky oder Alfred Hrdlicka) in ihrer charakteristischen Kreuzschraffurtechnik wurde die Wiener Künstlerin einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Für Sammlerin Elisabeth Leopold ist sie „eine der größten Zeichnerinnen und Zeichner, die wir kennen“, wie sie 2011 bei einer großen Ausstellung im Leopold Museum versicherte. Beim Gesicht allein beließ es Pakosta in ihren feministisch geprägten Auseinandersetzungen mit einer patriarchalen Welt indes nicht: In der Serie „Männliche Genitalien in nicht erigiertem Zustand“ waren ebendiese wie in einem Setzkasten in einträchtiger Harmonie nebeneinandergestellt.

Erst ab den 1980ern hielt langsam, dafür bald umso mächtiger die Farbe Einzug in Pakostas Werk. „Aus mit den gemütlichen, einschmeichelnden, schönen Farben! Jede Farbe soll ein gefährliches Gift sein!“, schrieb sie in einem ihrer Essaybände. Im Gegenzug verabschiedete sich die Gegenständlichkeit. In ihren „Trikoloren Bildern“, abstrakten Variationen dreifarbiger Balkensysteme, scheint die Farbe zu explodieren.

1933 in Wien in ein bürgerliches Elternhaus geboren, unternahm Pakosta nach der Matura eine Studienreise nach Paris und studierte 1952-56 gegen den Willen ihrer Eltern Malerei und Grafik an der Kunstakademie in Prag, 1956-60 an der Akademie der bildenden Künste in Wien Malerei bei Joseph Dobrowsky. In der Zeit entstanden sozialkritische Praterstudien, in denen sie sich mit der „Halbwelt“ auseinandersetzte. 1963 folgte ein zweiter Paris-Aufenthalt, bei dem sie an der Ecole des Beaux Arts studieren konnte. 1971 wurde sie Mitglied der Wiener Secession, wo sie 1975 als erste Frau Vorstandsmitglied wurde und 1978 die erste „Secessionistinnen“-Schau organisierte.

In ihrer Auseinandersetzung mit den Charakterköpfen von Franz Xaver Messerschmidt entstand allmählich ihre künstlerische Handschrift. Immer wieder setzte sie sich mit der männlichen Dominanz in Politik, Kultur und Gesellschaft auseinander. Bei ihr geht Rotkäppchen dem Wolf an die Gurgel, sind Frauen mit bedrohlicher „Nadelklitoris“ ausgestattet oder leidet Leonardos „Vitruvianischer Mensch“ an einem Hodenbruch. In Zyklen großformatiger Zeichnungen befasste sie sich u.a. mit Händen und seriell hergestellten Gegenständen.

Pakosta hat auch ein dichterisches Werk geschaffen, surreale Geschichten („Was man nicht sagen darf“, 2004, und „Drehtür“, 2009), aber auch Kurzprosa, Tagebuchaufzeichnungen und Aphorismen („Vorsicht Mensch“, 2018). „Für mich gleicht das Malen und Zeichnen dem Prozess der Lösung einer mathematischen Aufgabe“, heißt es in ihrem bisher letzten Buch. „Hochrechnen, wurzelziehen, addieren und subtrahieren so lange, bis das Ergebnis stimmt. Wann es stimmt, bestimme allerdings ich.“

1975 erhielt Pakosta den Theodor Körner Preis, 1984 den Preis der Stadt Wien für Grafik. Die Albertina-Ausstellung ist vor wenigen Tagen in das Sprengel Museum Hannover übersiedelt. Diese erste Museumsausstellung von Florentina Pakosta in Deutschland ist bis zum 13. Jänner 2019 zu sehen.

(S E R V I C E - Florentina Pakosta: „Vorsicht Mensch. Kurzprosa, Tagebuchaufzeichnungen, Aphorismen“, Verlag Bibliothek der Provinz, 96 Seiten, 15 Euro, ISBN: 978-3-99028-742-2; Ausstellung „Florentina Pakosta“ im Sprengel-Museum Hannover, bis 13.1.2019, https://www.sprengel-museum.de)