Kunterbunter Strauß an Stilen: Waves Vienna bestätigt Ruf zum Auftakt

Wien (APA) - „Keine Zeit zum Reden oder zum Stimmen“: Paul Hochhaus, der diesen Satz nebenbei auf der Bühne fallen ließ, schraubte trotzdem ...

Wien (APA) - „Keine Zeit zum Reden oder zum Stimmen“: Paul Hochhaus, der diesen Satz nebenbei auf der Bühne fallen ließ, schraubte trotzdem weiterhin an seiner Gitarre, bevor er es sich anders überlegte. Dann doch lieber gleich in die nächste Nummer abbiegen. Der Gig von Pauls Jets, so der Name seiner Band, war einer von vielen äußerst sympathischen Momenten beim Auftakt des Waves Vienna am Donnerstagabend.

Das Showcase-Festival, das sich den Entdeckergestus auf die Fahnen geschrieben hat und diesen auch im achten Jahr eindrucksvoll unter Beweis stellt, okkupiert aktuell wieder das Wiener WUK und dessen nähere Umgebung. Wo sich untertags Branchenvertreter - von Bookingagenturen über Labels und Managements bis zu Journalisten und den Künstlern selbst - austauschen, wird abends gemeinsam gefeiert. Und dabei natürlich in erster Linie Musik gehört.

Die ersten Töne der diesjährigen Auflage stammten von Teresa Rotschopf: Die heimische Sängerin, die früher als Suzy on the Rocks mit Bunny Lake durch die Lande getingelt war, hat heuer ihr Solodebüt „Messiah“ vorgelegt, eine Sammlung dunkel-melancholischer Songs, die stark von einem elektronischen Grundrauschen getragen werden. Im WUK-Beisl gab es eine etwas abgespeckte, aber nicht minder interessante Version davon zu erleben, wobei technische Probleme gekonnt überspielt wurden („Erzählt man da jetzt einen Witz?“) und besonders das mäandernde „Open“ sowie der mächtige Track „Treasures“ zu beeindrucken wussten.

Für die Besucher des Waves bedeutet das Festival auch: Entscheiden, was als nächstes kommt. Entweder flotten Schrittes in die nahe Halle, oder doch in die benachbarte Modeschule pilgern, wo besonders die dezent, aber liebevoll gestaltete Open-Air-Bühne zum Verweilen einlädt? Hier durfte alsbald das Tanzbein geschwungen werden, beispielsweise bei der vielgestaltigen Combo Drahthaus, die technoide Ansätzen mit handwerklichem Können an Percussion, Trompete und Gitarre verband. Wie ein Teppich legten sich die einzelnen Stücke über die Anwesenden und erfüllten noch die letzten Ritzen des Innenhofs.

Soundtechnisch zwar etwas bescheiden, aber dafür mit viel Charme konnte selberorts später Viech punkten: Das Trio um Sänger und Gitarrist Paul Plut brauchte zwar einige Minuten, um auf Betriebstemperatur zu kommen - bei den meist gerade 45-minütigen Slots jetzt nicht unbedingt von Vorteil -, verstand es danach aber bestens, die bunt gemischte Anhängerschaft und allfällige Neulinge in den Bann zu ziehen. Ihre „Greatest Hits für Verweigerer und Verlierer“ fanden dankbare Abnehmer, die Songs zwischen steilem Indie-Rock und zarten Melodien taten sich folglich nicht schwer, um sich in den Gehörgängen einzunisten.

Aber natürlich braucht es auch Herausforderungen. Wenn das Schweizer Trio Schnellertollermeier (vielleicht der beste Bandname des Abends) nämlich zu Gitarre, Bass und Schlagzeug greift, sollte man schon ein gerüttelt Maß an Zeit und Aufmerksamkeit mitbringen. Irgendwo zwischen Jazz und Postrock angesiedelt, ließ die Gruppe ihre Soundkaskaden auf das kopfnickende Publikum einprasseln, umtanzten sich pulsierende Basslinie und quietschende Gitarrenmelodie, während das treibende Beat-Herz sich stoisch den Weg nach vorne pflügte. Wer da an die tolle US-Formation Battles denkt, liegt nicht ganz falsch - hier wie da wird sich wenig um Erwartungen geschert.

Und der Schmäh? Ja, den gab es eben nicht zuletzt bei Pauls Jets. Die Wiener Gruppe, die sich gegen Ende ihres Auftritts schon von dem nur einen Raum weiter seine Instrumente einstellenden Odd Couple (sie waren übrigens zu dritt) eine Breitseite Garagenrock gefallen lassen musste, konnte mit solchen Nebengeräuschen locker umgehen. „Ich bin ein Mann, aber das kann auch schön sein“, sang Paul Hochhaus, heftig seine Gitarre bearbeitend, und auch die „zeitgenössische Kunst“ wurde mit einem Beitrag bedacht. Das hitverdächtige „Alle Songs bisher“ war und ist zudem ein schönes Motto für das Waves: Denn als Popfan hat man zwar alles schon einmal gehört - aber trotzdem lohnt es sich, die Ohren nach Neuem aufzusperren. Am besten hier. Das Waves läuft noch bis inklusive Samstag.

(S E R V I C E - www.wavesvienna.com)